Unser Autor erprobt, ob ihn Künstliche Intelligenz ersetzen kann

Kann eine KI Sporttexte schreiben?

Experiment Von Boris Mayer

Künstliche Intelligenz könnte schon bald Texte verfassen, die nicht mehr als maschinell generiert erkennbar sind, lautet eine oft geäußerte Prognose. Lässt sich Sportjournalismus so automatisieren?

Als GPT-3 im Juni 2020 vorgestellt wurde, reagierten nicht nur Informatiker begeistert. Das autoaggressive Sprachmodell, wie es in der Fachsprache heißt, ist ein auf Sprache vortrainierter sogenannter Transformer, der mittels Deep-Learning-Techno­logie Texte produziert, die von Menschen verfassten Artikeln stark ähneln. Diese Technologie gehört zur Gruppe der Machine-Learning-Systeme und ist damit eine Art von Künstlicher Intelligenz (KI, englisch AI) – was freilich nichts mit einem eigenen Willen oder selbstmotivierten Handeln zu tun hat, wie in der Science-Fiction oft dargestellt. Künstliche Intelligenz bedeutet nur, dass ein Computerprogramm bestimmte Aspekte intelligenten menschlichen Verhaltens mehr oder weniger emulieren kann. Eine Machine-Learning-KI unterscheidet sich von anderen KIs dadurch, dass die Entscheidungsregeln nicht explizit ausprogrammiert wurden, sondern ein Lernprogramm die Entscheidungsregeln selbst generiert, wozu es mit Daten gefüttert wird. Deep Learning wiederum ist eine spezielle Art von Machine-Learning-KI, bei der die Entscheidungs­regeln in Form eines künstlichen neuronalen Netzes erzeugt werden.

Dortmund darf sich freuen: Die KI sagt, der Verein sei vor fünfeinhalb Jahren Meister geworden. Dafür ist die Zweite Bundesliga wieder zweigleisig.

Computer können inzwischen sinnvolle Texte oder Gedichte generieren, sowohl im Stil von Shakespeare als auch in dem der Blogposts eines Jugendlichen – und das so gut, dass Open AI, die Firma hinter der Software und dem Sprachmodell, verkündete, dass GPT-3 im Gegensatz zu seinem Vorgänger GPT-2 nicht mehr frei verfügbar sein werde: Die Qualität sei einfach zu hoch und damit wäre Missbrauch möglich, würde die Software kostenlos zur Verfügung gestellt. »Fehlinformationen, Spam, Phishing, Missbrauch rechtlicher und behördlicher Verfahren, betrügerisches Verfassen von akademischen Aufsätzen und Vorlagen für Social Engineering« zählten die Forscher als Gefahren auf. Einer der frühen Tester, Arram Sabeti, betitelte seinen Bericht »GPT-3: Eine KI, die unheimlich gut darin ist, fast alles zu schreiben«.

Aber ist GPT-3 wirklich so gut, dass das Programm in absehbarer Zeit Menschen als Autoren ersetzen könnte? Um das herauszufinden, soll es mittels eines externen Testzugangs einen Sporttext generieren. Und darin die »Breitensport-Landschaft« in Deutschland erklären, ein sehr freies und allgemeines Thema also, mit ­einer journalismustypischen Metapher formuliert.

Die Vorgaben für die nur auf Englisch angebotene Testversion des Textgenerators sind einfach und knapp. Ein Blogpost soll es sein (und nicht etwa ein Gedicht oder eine Kurzgeschichte), die Kurzbeschreibung des Artikels lautete »explain the landscape of popular sports in Germany«. Die Länge der Ausgabe sollte »a lot« sein. Mehr Vorgaben bekam die Software nicht, nach ein paar Klicks kam tatsächlich so etwas wie ein Text zustande. Der englische Originaltext wurde maschinell von einer weiteren KI, nämlich Google Translate, übersetzt.

»Germany is a sports mad country. Germans are passionate about football, tennis, athletics and orienteering, just to name just a few. The country is home to some of the best in the business when it comes to these popular sports. We have compiled this blog post for you with tips on Germany’s most popular sports which are both entertaining and invigorating! We hope you enjoy reading our article!«

»Deutschland ist ein sportverrücktes Land. Die Deutschen begeistern sich für Fußball, Tennis, Leichtathletik und Orientierungslauf, um nur einige zu nennen. Das Land ist die Heimat einiger der Besten der Branche, wenn es um diese beliebten Sportarten geht. In diesem Blogbeitrag haben wir für Sie Tipps zu Deutschlands beliebtesten Sportarten zusammengestellt, die unterhaltsam und belebend zugleich sind! Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim ­Lesen unseres Artikels!«

So ganz treffsicher, was die Fakten angeht, ist die Künstliche Intelligenz allerdings nicht: Zu den deutschen Lieblingssportarten zählt sie nicht etwa die Formel 1 oder den Reitsport, sondern den Orientierungslauf, der zwar von den Nationalsozialisten stark gefördert wurde, aber nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland kaum auf öffentliches Interesse stieß.

»Germany has long been known as one of the world’s most powerful nations in football, being the only team with three World Cup winners in its history. The national team has won four European Championships in a row. In June 2014, they became world champions in Brazil after a gripping final against Argentina. In 2014, Germany was chosen as ›Team of the Year‹ by Fifa which is the highest accolade the governing body of football bestows upon a national team.«

»Deutschland gilt seit langem als eine der mächtigsten Fußballnationen der Welt und ist das einzige Team mit drei Weltmeistern in seiner Geschichte. Die Nationalmannschaft hat vier Europameisterschaften in Folge gewonnen. Im Juni 2014 wurden sie in Brasilien nach einem packenden Finale gegen Argentinien Weltmeister. 2014 wurde Deutschland von der Fifa zur ›Mannschaft des Jahres‹ gewählt, die höchste Auszeichnung, die der Fußballverband einer Nationalmannschaft verleiht.«

Und wieder stimmen ein paar Fakten nicht. Mehrfach in Folge Europameister waren die Frauen schon, aber sechsmal. Die Männer waren hingegen nur dreimal Europameister, das aber nicht in Folge. Die Zahl der Weltmeisterschaften stimmt auch nicht – außer man kommt auf die Idee, den Durchschnitt aus den zwei Titeln der Frauen und den vier der Männer zu bilden.

»The most popular professional leagues are the Bundesliga, where Bayern Munich have been dominating for years, and the 2nd Bundesliga, which is divided into a northern and a southern conference with 18 teams each. The winners of each ­conference compete in a two-leg play­off for promotion to the Bundesliga. As of 2016, the champions of the 2015-16 Bundesliga season are Borussia Dortmund. Many well-known players come from or started their careers in Germany including Franz Beckenbauer, Miroslav Klose and Philipp Lahm.«

»Die beliebtesten Profiligen sind die Bundesliga, in der Bayern München seit Jahren dominiert, und die Zweite Bundesliga, die sich in eine Nord- und eine Südkonferenz mit jeweils 18 Mannschaften gliedert. Die Sieger jeder Conference kämpfen in einem zweistufigen Playoff um den Aufstieg in die Bundesliga. Meister der Bundesliga-Saison 2015/16 ist ab 2016 Borussia Dortmund. Viele bekannte Spieler kommen aus Deutschland oder begannen ihre Karrieren in Deutschland, darunter Franz Beckenbauer, Miroslav Klose und Philipp Lahm.«

Dortmund darf sich freuen: Die KI sagt, der Verein sei vor fünfeinhalb Jahren Meister geworden. Dafür ist die Zweite Bundesliga wieder zweigleisig.

»Before we talk about how much money can be made in professional leagues and professional cups, keep in mind that it is very difficult to make a living as a professional football player. While clubs pay some players seven-figure salaries per year, most professionals do not make anywhere near that. This is because there are no major sponsorships for football like there are for American sports like basketball and baseball (source).«

»Bevor wir darüber sprechen, wie viel Geld in Profiligen und Profipokalen verdient werden kann, bedenken Sie, dass es sehr schwierig ist, als ­Profifußballer seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Während Clubs einigen Spielern siebenstellige Gehälter pro Jahr zahlen, verdienen die meisten Profis nicht annähernd das. Dies liegt daran, dass es für den Fußball keine größeren Sponsorings wie für amerikanische Sportarten wie Basketball und Baseball gibt (Quelle).«

Die armen Profifußballer können von ihren Gehältern kaum leben. Leider verlinkt die KI aber ihre Quelle nicht.

»The most important cup in Germany is the DFB-Cup. In its current format, the cup consists of 180 teams playing in regional tournaments with the winners qualifying for a round of 32. In this round, professional clubs from the top two leagues play against each other. Lower-tier clubs also have their chance to enter into the tour­nament by winning regional qualification rounds or by taking part in special events that are held early on. The final is played at the Olympic Stadium in Berlin and is one of the most popular events in German sport (source). The Champions League, where Bayern Munich has been dominating over the last few years, has two main draws which are drawn four days apart.«

»Der wichtigste Pokal in Deutschland ist der DFB-Pokal. In seinem aktuellen Format besteht der Pokal aus 180 Mannschaften, die an regionalen Turnieren teilnehmen, wobei sich die Sieger für eine Runde der letzten 32 qualifizieren. In dieser Runde spielen Profivereine aus den beiden Top-Ligen gegeneinander. Auch Clubs der unteren Spielklasse haben die Chance, in das Turnier einzusteigen, indem sie regionale Qualifikationsrunden gewinnen oder an frühzeitig stattfindenden Sonderveranstaltungen teilnehmen. Das Finale wird im Berliner Olympiastadion ausgetragen und zählt zu den beliebtesten Veranstaltungen im deutschen Sport (Quelle). Die Champions League, in der Bayern München in den letzten Jahren dominiert hat, hat zwei Hauptziehungen, die im Abstand von vier Tagen ausgelost ­werden.«

Damit hat der Testzugang die maximal mögliche Textlänge erreicht. Da die KI hinsichtlich Faktentreue und beim Thema Bleiben nicht überzeugt, schreiben an dieser Stelle bis auf weiteres keine künstlichen Autoren mehr.