Die Pläne der Bundesregierung, Uniper zu verstaatlichen

Die umgelegte Umlage

Kommentar Von Anton Landgraf

Die Einführung der sogenannten Gasumlage zum 1. Oktober wird es wohl nicht geben. Mittlerweile plant die Bundesregierung, einige Energieunternehmen, allen voran Uniper, zu verstaatlichen.

Noch vor kurzem schien es, als hätte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) mit der von ihm initiierten sogenannten Gasumlage die größte Herausforderung der Bundesregierung gelöst. Nun erweist sich die Umlage als großes Problem. Weil die Energiekosten immer weiter steigen und die Umlage rechtlich auf wackligen Füßen steht, fordert Habeck, ein weiteres »Sondervermögen« aufzunehmen – ein Euphemismus für neue Schulden. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verteidigt hingegen vehement die sogenannte Schuldenbremse, das Limit für die Aufnahme weiterer Staatsschulden. Beides gleichzeitig geht nicht.

Viel Zeit, um den Konflikt zu lösen, hat die Bundesregierung nicht mehr. Wegen des enormen Anstiegs der Gaspreise stehen große Energieunternehmen, die die gestiegenen Kosten nicht anderweitig wettmachen können, vor dem Ruin – allen voran Uniper. Die Unternehmen sind an langfristige Verträge mit ihren Kunden gebunden, die es ihnen unmöglich machen, ihre gestiegenen Einkaufspreise direkt an die Kunden weiterzureichen. Diese Bindung ver­ursacht ihnen nun täglich enorme Verluste. Die Gasumlage soll diese Verluste kompensieren. Doch das allein reicht nicht mehr. Weil Russland mittlerweile die Lieferungen ganz eingestellt hat, will die Bundesregierung einige Energieunternehmen, wiederum vor allem Uniper, mittlerweile verstaatlichen.

Nicht zuletzt deshalb wachsen die Zweifel an dem Verfahren. Müssten die Verbraucherinnen und Verbraucher mit der »Gasumlage« ein staatliches Unternehmen finanzieren, würde diese wie eine Steuer wirken. Gut möglich, dass die Umlage deswegen verfassungswidrig wäre. Würde die Umlage aber von einem Gericht gekippt, dürften die Energieunternehmen kollabieren – und zwar womöglich mitten im Winter.

In einer Rede im Bundestag kündigte Habeck vergangene Woche weitere Hilfen für Unternehmen an. Die wirtschaftliche Substanz der Bundesrepublik müsse erhalten und geschützt werden, sagte er. Die Bundesregierung habe »zur Landesverteidigung ein 100 Milliarden Euro schweres Sondervermögen aufgelegt«. Nun müsse man »mit der gleichen Entschlossenheit« finanzielle Mittel »zur Verteidigung der volkswirtschaftlichen Substanz« Deutschlands mobilisieren, so Habeck.

Für Finanzminister Lindner sind solche Forderungen eine Provokation, denn damit steht die sogenannte Schuldenbremse auf dem Spiel. Mit der Gasumlage konnte Lindner zwar bislang gut leben, mittlerweile kommen ihm aber auch Bedenken. »Es stellt sich mir bei der Gasumlage weniger die Rechtsfrage, sondern immer mehr die wirtschaftliche Sinnfrage«, sagte er Bild am Sonntag. Stattdessen fordert er nun eine Deckelung für Gas- und Strompreise.

Wie Lindner seine Vorschläge finanzieren möchte, sagte er hingegen nicht. Nicht nur bei den Grünen, sondern auch bei Teilen der SPD stößt er damit auf Unverständnis. Selbst in den Unionsparteien mehren sich die Zweifel. »Ich habe gesehen, dass es einsamer um mich wird, nachdem auch Markus Söder jetzt gesagt hat, die Schuldenbremse sei eine Prinzipienreiterei«, sagte Lindner in dem Podcast des Wirtschaftsnachrichtenportals The Pioneer.

Tatsächlich wird es für ihn immer schwerer zu erklären, wie die enormen Energiekosten ohne neue Schulden finanziert werden sollen. Allein in diesem Jahr muss die Bundesregierung dafür 60 Milliarden Euro zusätzlich aufwenden, im kommenden Jahr werden es wohl noch einmal 100 Milliarden Euro sein. Das entspricht ungefähr zwei Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung der Bundesrepublik.

Zugleich lehnt Linder weiter alle Vorschläge ab, neue Einnahmen zu erzielen, zum Beispiel durch eine Vermögenssteuer. In Spanien, das ähnlich wie Deutschland unter hohen Energiekosten ächzt, hat die Regierung kürzlich eine Reichensteuer angekündigt. Betroffen sei »nur ein Prozent der Bevölkerung«, sagte die spanische Finanzministerin María Jesús Montero; die Steuer diene dazu, die Einkommen der restlichen Bürgerinnen und Bürger des Landes zu schützen. Lindner scheint genau umgekehrt zu rechnen. Mit dieser Haltung kann er vielleicht noch bei seinen Anhängern punkten. Den Machtkampf um die »Schuldenbremse« dürfte er aber kaum noch gewinnen können.