Aus Exkrementen lassen sich die unterschiedlichsten Informationen entnehmen

Haufenweise Informationen

Laborbericht Von Svenna Triebler

<p>Krieg, Corona, Klimakrise – die Gesamtsituation lässt sich mit dem Wort »beschissen« recht treffend zusammenfassen.</p>

Krieg, Corona, Klimakrise – die Gesamtsituation lässt sich mit dem Wort »beschissen« recht treffend zusammenfassen. Doch eigentlich tut man Exkrementen mit der abwertenden Begriffsverwendung unrecht, denn im Gegensatz zu Dingen, die die Welt nun wirklich nicht braucht, können die organischen Hinterlassenschaften durchaus von Nutzen sein. Das wissen nicht nur Landwirte und Mistkäfer; auch die Wissenschaft weiß Fäkalien zu schätzen, weil sich aus ihnen allerhand Interessantes ent­nehmen lässt. So bekommen Wildtierbiologen ihre scheuen Forschungsobjekte meist seltener zu Gesicht als deren Häufchen und können aus diesen Schlüsse etwa auf Populationsdichte, Ernährung, Gesundheitszustand und dank DNA-Analysen auch auf Verwandtschaftsverhältnisse oder Revierverhalten ziehen.

Selbst Wale und ihr Einfluss auf das Ökosystem werden auf diese Weise beforscht. Dazu werden Proben des auf dem Wasser treibenden Kots genommen und auf Nährstoffe untersucht, die die Tiere beim Fressen in der Tiefsee aufnehmen. An der Meeresoberfläche dienen sie als Dünger für Algen, welche wiederum eine wichtige CO2-Senke darstellen, also den Treibhauseffekt abschwächen können. Durch die Größe und den entsprechenden Appetit der Meeressäuger kommt da einiges zusammen.

Menschliche Ausscheidungen sind nicht minder interessant für die Forschung. Seit einigen Jahren gibt es einen regelrechten Hype um das Mikrobiom; genauer gesagt die Darmflora, also die Bakterien und sonstigen Einzeller, die sich in unseren Eingeweiden tummeln und auf vielfältige Weise den Stoffwechsel beeinflussen. Auch Abwasser ist ein sprudelnder Quell des Wissens, etwa um die regionale Verbreitung verschiedener Drogen zu untersuchen. So weiß man, dass hierzulande in Hamburg am meisten gekokst wird, im Ranking folgen Frankfurt am Main und Berlin, während Ostdeutschland in Sachen Methamphetamin vorne liegt. Auch kann die Coronaviruslast in der Bevölkerung anhand des Abwassers eingeschätzt werden. Jüngst gelang es ­einem Forschungsteam der University of Wisconsin sogar, einen seltenen Virusstamm quasi durch die Kanalisation bis zu einem einzelnen Betrieb in der Hauptstadt des Bundesstaats, Madison, zurückzu­verfolgen.

Weniger unappetitlich gestaltet sich die Arbeit mit Hinterlassenschaften, deren Urheber schon ein paar Millionen Jahre tot sind. Auch Kot kann nämlich versteinern, zur Freude von Paläontologen, denen die sogenannten Koprolithe wertvolle Informationen über Ernährung und Umwelt von Dinosauriern und anderen ausgestorbenen Lebewesen liefern. Die unförmigen Objekte werden auch an Fossilienbörsen gehandelt, allerdings mit hohem Betrugspotential. So mancher stolze Sammler hat nicht etwa die Überreste der Mahlzeit eines T. rex in der Vitrine stehen, sondern ein ordinäres Stück Gestein. Welch ein Beschiss.