Deutschland hat den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, den es verdient

Heiteres Fernsehen

Kommentar Von Stefan Laurin

Einer der Olympia-Attentäter von 1972 erhielt 2 000 Euro für ein Interview, das er im Rahmen der Dreharbeiten zu der ARD-Dokumentarserie »Tod und Spiele – München ’72« gab. Dies reiht sich ein in eine Kette von antisemitischen Vorfällen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern.

Es dürfte eine der peinlichsten Pressemitteilungen des Jahres sein: Kurz nachdem das Magazin Focus berichtet hatte, die ARD habe an Mohammed Safady, einen der palästinensischen Mörder jüdischer Sportler bei den Olympischen Spielen 1972 in München, ein Interviewhonorar gezahlt, betonte der Sender, dem sei nicht so gewesen: Die Produktionsfirma Looksfilm habe im Rahmen der Dreharbeiten zu der ARD-Dokumentarserie »Tod und Spiele – München ’72« für »eine zeitlich begrenzte Exklusivität« 2 000 Euro an den Terro­risten gezahlt, was den beteiligten Sendeanstalten BR, RBB und SWR zudem nicht bekannt gewesen sei. Doch selbst dem strengsten­Finanz­amt wäre der Unterschied zwischen einem Honorar und ­einer Zahlung für Exklusivität wohl vollkommen egal. Entscheidend ist: Der Killer bekam Geld.

Was in der Pressemitteilung fehlt, ist eine Entschuldigung dafür, dass der gesuchte Mörder israelischer Sportler Geld erhalten hat. Es gibt in ihr nicht einmal den Anflug von Selbstkritik.

In der Dokumentarserie sagt Safady, dass er nichts bereue und die Morde an den jüdischen Sportlern »heroisch« gewesen seien. Er berichtet stolz, wie er von dem damaligen Palästinenserführer Yassir Arafat für sein Verbrechen gelobt worden sei – und natürlich sei er jederzeit wieder zum Judenmord bereit.

Für die Nachfahren der Opfer ist die Zahlung ein Schlag ins Gesicht. »Die Honorarzahlung an den Olympia-Mörder macht fassungs­los«, schrieb der Zentralrat der Juden auf Twitter. »Mörder dürfen für ihre Verbrechen nicht auch noch belohnt werden. Gerade auch für die Opferfamilien ist das unerträglich.«

Die Zahlung an den Attentäter reiht sich ein in eine Kette von antisemitischen Vorfällen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern: Da äußert sich beispielsweise Feyza-Yasmin Ayhan, Autorin einer Comedy-Reihe des ZDF, im Internet antisemitisch, da werden in Nachrichtensendungen von der israelischen Polizei erschossene Attentäter zu einfachen palästinensischen Bürgern umgedeutet und die Anhänger der Terrororganisation Hamas als harmlose Aktivisten präsentiert. Während der Berichterstattung über die Documenta fifteen wurde aus der BDS-Kampagne, deren Ziel es ist, zur Vernichtung Israels durch wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaft­lichen Boykott beizutragen, in ARD, ZDF, 3Sat und Deutschlandfunk regelmäßig eine zivilgesellschaftliche Initiative von Kritikern der israelischen Siedlungspolitik.

Das alles sind keine Ausreißer mehr, keine Fehler, wie sie jedem mal passieren können. Viele Verantwortliche und Mitarbeitende in den Sendern haben keinerlei Interesse, sich auch nur oberflächlich mit Antisemitismus und dem Terror gegen Israel auseinanderzusetzen. Sie passen damit perfekt in die deutsche »Gedenkkultur«, in der ausschließlich die Opfer des Nationalsozialismus zählen, aber Israel und die lebenden Juden kaum eine Rolle spielen, ja sogar eher stören.

Hinzu kommt, dass sich gerade in Formaten für junge Menschen wie »Funk«, aber auch in anderen Redaktionen, längst ein post­kolonialistisches Denken etabliert hat, dem Israel als ein Kolonialstaat gilt, der nur auf Kosten der vertriebenen Palästinenser existiere. Hamas und Fatah sind demnach nicht etwa korrupte Terrororganisationen, die Israel bekämpfen und die palästinensische Bevölkerung unterdrücken, sondern Freiheitsbewegungen.

Dabei sind nicht nur die Sender und ihre Mitarbeitenden das Problem. Deutschland hat die öffentlich-rechtlichen Anstalten, die es verdient. In den Aufsichtsgremien von ARD und ZDF sitzen Poli­tikerinnen und Verbandsvertreter, die bei jedem neuen Skandal nur mit den Schultern zucken, und den meisten Zuschauerinnen und Zuschauern dürfte es vollkommen egal sein, wenn von ihren Gebühren antiisraelische Terroristen bezahlt werden. Bei den Gedenk­ritualen wird das immer gleiche »Nie wieder« beschworen, im ­Alltag hingegen goutiert man Antisemitismus und Israelhass.