Rezension zu Catherine Halls Roman „Rückblende“

Krieg und Frieden

Platte Buch Von Gabriele Haefs

<p>Die britische Kriegsfotografin Josefine »Jo« Sinclair kehrt von einer Reise nach Afghanistan zurück und versucht, in Brighton zur Ruhe zu kommen.</p>

Die britische Kriegsfotografin Josefine »Jo« Sinclair kehrt von einer Reise nach Afghanistan zurück und versucht, in Brighton zur Ruhe zu kommen. Sinclairs neue Wohnung mit Blick auf die Pier hat ihr die geliebte Großtante vermacht, von der sie einst auch ihre erste Kamera bekam. Sie schaut aufs Meer hinaus und versucht, ihre traumatischen Erlebnisse während ihrer Einsätze in Kriegs- und Krisengebieten zu verarbeiten und mit der Trennung von ihrer Freundin Suzie klarzukommen. An die ehemalige Geliebte verfasst sie melancholische Briefe. Sie bereut die Trennung; aber Suzie hatte ein Kind gewollt, Jo wollte das nicht. Sie schreibt über das Leben der Frauen in Afghanistan, die sie besucht hat, und die Vorstellung vieler Männer, besser zu wissen, was für »ihre« Frauen gut ist. Und sie berichtet von Männern, die aus diesen Verhaltensmustern ausbrechen, aber ebenso grausam ­bestraft werden wie Frauen, die sich nicht anpassen wollen.

In der Wohnung findet Jo das Tagebuch ihrer ­Urgroßmutter Elizabeth aus den 1914/15. Elizabeth, frisch verlobt mit einem Offizier, hatte bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs eine Stelle als Krankenschwester in einem Brightoner Lazarett angenommen, wo sie einen jungen indischen Arzt kennenlernt. Kapitelweise wechseln in Catherine Halls Roman »Rückblende« die Tagebucheinträge der einen mit den Briefen der an­deren. Die Biographie zweier Frauen verschiedener Generationen verbinden sich zu einem Doppelporträt. Es geht um Geschlechterungleichheit, Rassismus, Gewalt und die individuellen Möglichkeiten, die Beschränkungen, die die Gesellschaft der Einzelnen setzt, zu überwinden.

Urgroßmutter und Urenkelin haben mehr Gemeinsamkeiten, als Jo zunächst wahrhaben wollte. Die Atmosphäre des Seebades Brighton im kalten Herbst, wenn heulender Wind und dichter Nebel sich abwechseln, gibt der Geschichte überdies ihren ganz besonderen Reiz.

Catherine Hall: Rückblende. Aus dem Englischen von Andrea Krug. Krug und Schadenberg, 328 Seiten, 22 Euro