Krach im Hinterhof

Eine endliche Geschichte

Die Situation im Kosovo ist seit langem durch die Armut der Bevölkerung geprägt. Im sozialistischen Jugoslawien gab es eine Lohndifferenzierung von 6:1. Am obersten Ende rangierte Slowenien, am untersten das Kosovo.

1980 hatte nur jeder zehnte Albaner eine Lohnarbeit im Kosovo, der ärmsten Provinz des jugoslawischen Bundesstaates. Hunderttausende waren in den nördlichen Republiken Jugoslawiens beschäftigt. Noch vor den durch die Wirtschaftskrise verursachten Massenentlassungen ab 1987 lag die Arbeitslosenquote im Kosovo über 50 Prozent, und es gab weniger Beschäftigte als Studenten. Auch sie ohne Aussicht auf Beschäftigung.

Die nicht zuletzt auch durch die Wirtschaftskrise in den achtziger Jahren verschärften Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen im Kosovo - vor allem den Kosovo-Serben und den Kosovo-Albanern - eskalierten Ende der Achtziger. Der Spiegel nannte das Kosovo bereits im November 1987 ein Libanon auf dem Balkan.

Le Monde und FAZ berichteten im Juni und Juli 1987 von Anschlägen kosovo-albanischer Separatisten auf serbische Klöster, Kirchen und Friedhöfe, auf Viehbestände und Getreidevorräte der Kosovo-Serben. Immer mehr Kosovo-Serben und -Montenegriner verließen unter dem Druck der Kosovo-Albaner die Provinz. Ende 1987 waren mehr als die Hälfte aller Dörfer im Kosovo bereits ohne serbische Bewohner. Dazu trug auch der Bevölkerungszuwachs der Kosovo-Albaner bei, die bis heute die höchste Geburtenrate Europas ausweisen - eine Entwicklung, die derzeit auch für eine Verschärfung der Lage in Mazedonien sorgt.

Die Verdrängung durch die Kosovo-Albaner führte bei den zurückbleibenden Kosovo-Serben zur Radikalisierung. So vertrieben auch sie Albaner aus ihren Dörfern, so daß "ethnisch reine" Enklaven entstanden. Die Neue Zürcher Zeitung sah im November 1987 in der ökonomischen Rückständigkeit und in der hohen Arbeitslosigkeit "zweifellos eine der Hauptursachen für die Eskalierung des nationalen Konflikts im Kosovo".

In einer Resolution beschrieb der Bund der Kommunisten Jugoslawiens im Juni 1987 die Lage im Kosovo als dramatisch für die Einheit des jugoslawischen Bundesstaates und forderte die Rückkehr der Vertriebenen in die autonome Republik.

Um einerseits dem albanischen Separatismus entgegenzutreten und trotz Rückgangs des serbischen Bevölkerungsanteils nicht die Kontrolle über den Bundesstaat zu verlieren und andererseits von der Wirtschaftskrise abzulenken, verstärkte Serbiens Regierung unter Milosevic ihre nationalistische Propaganda.

Diese Kampagne mündete 1989, dem 600. Jahrestag der Schlacht von Kosovo Polje (Amselfeld), der "Wiege des Serbentums", im Marsch von rund einer Million Serben in das Kosovo, um den serbischen Anspruch auf das Gebiet zu demonstrieren. Dieser nationalistische Exzeß verstärkte den kosovo-albanischen Sezessionismus, so daß Milosevic 1989 den Autonomie-Status des Kosovo aufhob.

Nach der Abspaltung Sloweniens und Kroatiens und dem Wirtschaftsembargo gegen Rest-Jugoslawien spitzte sich die ökonomische Krise weiter zu. Die gesamtwirtschaftliche Produktion Serbiens verringerte sich 1992 um 55 Prozent. Die offizielle Arbeitslosenquote im Kosovo stieg auf 60 Prozent. 1994 waren mehr als eine Million Menschen ohne festes Einkommen.