Jungleblog

Es war ein sehr freundlicher Zug der Geschäftsführung, eine Gruppe, zu der zu gehören auch ich das Glück hatte, in einer Wohnung unterzubringen, die nur zehn Meter von der nächsten Bar entfernt liegt. Selbstverständlich durfte man der Versuchung nicht zu oft erliegen, denn so eine Jungle-Reise ist ja kein Urlaub. Daher blieben viele Warschauer Museen und Sehenswürdigkeiten unbesichtigt und erst am vorletzten Tag war eine Reisegruppe in der Puszcza.

Für die Zeit ihrer Reise nach Polen hatte die Redaktion der Jungle World ihr Quartier in der Warschauer Altstadt aufgeschlagen. Geht man durch deren Straßen, fallen die Plaketten und Gedenktafeln auf, die an vielen Häusern angebracht sind und an historische Ereignisse an diesem Ort und ehemalige Bewohner:innen erinnern.

                                                                                                                                                                                                                                   Viele Nationen haben einen Vogel. Doch obwohl es mehr als 11 000 Vogelarten gibt, zeigt man in den meisten Ländern bei der Auswahl eines Wappentiers für die Flagge erschreckend wenig Phantasie.

Wer kämpft in der russischen Armee und warum? Ein erheblicher Teil der Invasionstruppen besteht offenbar aus sehr jungen Männern ohne militärische Erfahrung und Ausbildung. Viele von ihnen wurden möglicherweise durch Druck und das Versprechen eines höheren Solds verpflichtet, ohne dass sie gewusst hätten, was ihnen bevorsteht.

Über die Massakrierung von Sarah Halimi zu schreiben, heißt, sich dazu zu verdammen, Fragezeichen zu setzen. Weil man kein Anwalt ist. Und weil man kein Psychiater ist. Es bedeutet auch, sich selbst zu verurteilen, wenn man diesen Ausdruck benutzt, der immer öfter auftaucht und den ich hasse: „das Gefühl der jüdischen Gemeinschaft“.

Das sind die Fragen, die ich höre. Ich weiß nicht, ob sie seriös sind. Ich weiß, dass ich mir die gleichen Fragen stelle.

Seit die Welt um die Existenz russischer Trolle weiß, wimmelt es in aufgeklärten Demokratien nur so von Russland-Experten. Wer die Presse aufmerksam liest, darf sich sogar mit dem Wissen brüsten, dass die auf Zwistigkeiten gepolten Schreiberlinge ursprünglich ihren Geschäftssitz im St. Petersburger Stadtteil Olgino einnahmen, vor dem Umzug in größere und bequemere Räumlichkeiten. Die umtriebigen Trolle mischen überall mit, nur mit eigenen Augen gesehen hat sie von Berlin oder München aus vermutlich kaum jemand.

Es waren vielleicht nicht genug, aber sehr viele. Am Samstag gingen Menschen von Wladiwostok bis Kaliningrad massenweise auf die Straße, allein in Moskau protestierten bis zu 40 000. Anlass war ein Aufruf von Aleksej Nawalny, der Forderung nach seiner Freilassung Ausdruck zu verschaffen. Denn von der Reaktion der russischen Gesellschaft auf die Festnahme nach seiner Rückkehr aus Berlin hängt ab, wie lange er in Haft bleibt.

Die gestrige "Entweihung" unseres Tempels der Demokratie – ach, du arme besudelte Stadt auf dem Hügel, etc.

Am 6. Januar unternahmen die Unterstützer des amtierenden US-Präsidenten Donald Trump ihren programmatischen Versuch, Amerika wieder groß zu machen. In Erwartung des Ereignisses – "be there, will be wild", hatte ihr Idol getwittert – versammelten sie sich in Washington, um sich zunächst bei den Worten der Trump-Söhne Eric und Donald jr. sowie seiner Schwiegertochter Lara Trump aufzuwärmen. Auch Anwalt Rudy Giuliani durfte ein paar Sätze sagen, um ein "trial by combat" anzukündigen, was man wohl mit Kriegsgericht übersetzen muss.

In den Vereinigten Staaten weht ein Wind der Gegenaufklärung. Er hat im Sog der rechten Bedrohungsmythen an Fahrt aufgenommen, die im digitalen Kontext boomen und das Verschwörungsdenken kultiviert haben. Dabei geht es nicht nur um die Delegitimierung von politischen Gegnern, sondern um eine Revolte gegen Prinzipien der Aufklärung.

War das ein Putsch oder gar Coup, wie viele die gestrigen Ereignisse nennen?

Wenn, dann war das noch größerer Pfusch als Ding in der Türkei 2016. Und Coups werden normalerweise nicht vom obersten Repräsentanten einer Regierung, sondern gegen ihn organisiert. Sie zeichneten sich bislang auch dadurch aus, dass viel Militär und Sicherheitskräfte in der Hauptstadt aufmarschieren, nicht durch ihre verblüffende Abwesenheit.

Unter den aktuellen Rückblicken auf die Amtszeit Donald Trumps sticht der irische Autor Fintan O'Toole hervor, weil er sich nicht damit begnügt, den rasch hingeschriebenen Porträts einer gestörten Persönlichkeit ein weiteres hinzuzufügen. O'Toole hat bereits in seinem Buch "Heroic Failure: Brexit and the Politics of Pain" (Heroisches Scheitern: Brexit und die Politik der Schmerzen) versucht, das Phänomen soziopathischer Politikdarsteller zu ergründen.

"In this country, things are coming to a head"

(Keith Richards, Oktober 2020)