Depressionen VI

Anwohner raus!

Autofahrer, kommst Du nach K.: Fährt man über die Zoobrücke nach Köln hinein, zeigt sich die Stadt von ihrer besten Seite. Der Dom, die laue Luft und der rheinische Kapitalismus laden zum Verweilen ein. Auch ich ließ mich betören, als ich Köln kürzlich einen Besuch abstattete. In KölschóLaune bog ich ins Severinsviertel ein. Ein Mann an einer Straßenecke, der die Hand zum Satansgruß erhoben hatte, hätte mir eine erste Warnung sein müssen.

Nach stundenlanger Fahrt auf der Autobahn hat man Bedürfnisse. Um sie zu befriedigen, muss man das Auto verlassen. Sehr schnell fielen mir die unzähligen blauen Schilder auf, auf denen geschrieben stand: Parkscheinautomat. Für's Parken zahlen? Nicht mit mir!

Ich gondelte durch die Straßen des Viertels, die sich ausnahmslos als Einbahnstraßen erwiesen. Ohne zu wissen, wie und warum, kam ich immer wieder an derselben Ampel bei einem StüssgenóSupermarkt zum Stehen. Das Kölsch war im Sonderangebot. Der Kasten 16,90. Der Druck auf die Blase nahm zu. Nach unzähligen Runden durch das Viertel, in dem jeder einen Parkplatz zu haben schien, fand ich fünf freie Quadratmeter Domstadt. Der Parkscheinautomat teilte mir den Preis mit: acht Mark für zwei Stunden. Ich gab klein bei.

Doch die Demütigung nahm kein Ende: Ab 18 Uhr nur für Anwohner. Oh Synchronizität! Normativität des Faktischen! Um 18 Uhr war mein Termin. Was, wenn ich niemals einen Parkplatz finden würde? Wie lange sollte ich hier rumgurken, durch hinterhältige Einbahnstraßen mit nervtötenden Speedbreakern, überholbereiten Fahrradfahrern und Stüssgen, immer wieder Stüssgen?

Ich wechselte das Viertel ó das gleiche Bild. Der Weg war kein Ziel. Schließlich blieb ich in zweiter Reihe stehen, warf die Warnblinkanlage an und sprang todesmutig aus dem rollenden Käfig. Ob es irgendwo einen normalen Parkplatz gebe, fragte ich eine Anwohnerin. »Hier nüscht«, gab sie mir zu verstehen. Wir haben verstanden.

Am Ende fand ich doch noch den Ort, der mir und meinem Auto vorbestimmt war: Ein staubiger Feldweg mit riesigen Schlaglöchern irgendwo unten am Rhein. Hier standen meine Leidensgenossen. Nur auswärtige Kennzeichen: HH, M, F, dicke BMWs neben schmuddeligen Ford Fiestas, ein Mailänder, und ein Hauch von Internationalismus und parkplatzloser Gesellschaft wurde spürbar. Wenn über Nacht kein Hochwasser kommen würde, hätte ich gute Chancen, Köln früh am nächsten Morgen, ohne bleibende Schäden, zu verlassen.