Il giusto mezzo

Freiheit, die sie meinen

Berlusconis Forza Italia, Pannellas Radikale Partei, Bossis Lega Nord und Di Pietro: Der Übergang zur »Postpolitik« ist in Italien weit fortgeschritten.

Die Letzten werden die Ersten sein: Wohlmeinende Beobachter inner- und außerhalb Italiens zerbrechen sich gerne den Kopf darüber, wie Italien den Anschluss an Europa schaffen könne. Sie stellen sich das vielleicht so vor wie eine Gestalt auf einer Karikatur von Altan in der italienischen Wochenzeitschrift L'Espresso zur Zeit der Debatte um Italiens Euro-Beitritt: »Italien wird sich unter Ausnutzung der Herbstnebel nach Europa einschleichen.« Unter den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern gilt Italien oft als minderbemittelt, und es betrachtet sich meist auch selbst so.

Dem mag durchaus so sein, wenn es um die Sozialleistungen des Staates oder seine Effizienz geht, also um das »Wohl der Bürger«, das angeblich den Zweck der europäischen Einigung darstellt. Wenn es allerdings um weniger laut herausposaunte, aber vielleicht umso zentralere Aspekte der Konstruktion des modernen Europa geht, dann besaß Italien oft sogar eine Wegbereiterfunktion. Immer wieder diente Italien als Laboratorium für die Entwicklung neuer Herrschaftstechniken: die zehn Jahre vor der deutschen erfolgte nationale Einigung mittels Eroberung durch einen Teilstaat, die Erfindung des Faschismus, die Verzahnung von Mafia und Staatsapparat und die Benutzung des Terrorismus, um einen Massenprotest zu stoppen, der nicht mehr in die traditionellen Kanäle geleitet werden konnte. Auch die Entwicklung neuer, auf flexiblen Kleinbetrieben beruhender dezentralisierter Produktionsweisen hatte in Italien früher als anderswo, nämlich schon am Ende der siebziger Jahre, begonnen.

Ab 1992 schien Italien erneut Vorreiter zu sein beim Übergang zu einer neuen »postpolitischen« Phase. Die unter dem Namen »Mani pulite« (»Saubere Hände«) bekannte Reihe gerichtlicher Untersuchungen stellte einen Großteil der bis dahin herrschenden Schicht unter Anklage und brachte das politische System zum Einsturz, das seit 1948 bestand: In der so genannten Ersten Republik regierte die Democrazia cristiana mit kleineren Parteien aus der politischen Mitte, vor allem den Sozialisten, während die Kommunistische Partei offiziell in der Opposition war, aber in Wirklichkeit an allen wichtigen Entscheidungen beteiligt wurde, vor allem während des »nationalen Notstandes« in der »Terrorismus«-Zeit um 1978.

1993 löste sich die Democrazia cristiana in mehrere Parteien auf, während alle anderen Parteien verschwanden oder sich umbenannten - und dabei bezeichnenderweise stets die Bezeichnung »Partei« abschafften. Mit dem außerhalb des Parteiensystems stehenden Zentralbankchef Carlo Azeglio Ciampi wurde damals zum ersten Mal eine unbescholtene Person Ministerpräsident. Es ist kein besonderer Scharfsinn notwendig, um zu erkennen, dass der Versuch, eine korrupte und nur noch um ihre Selbsterhaltung bemühte Politikerkaste von der Bühne zu drängen, weder einem plötzlichen Impuls des Richterstandes zu verdanken war noch einem moralischen Aufschrei der Bevölkerung. Es ging um das Interesse der Wirtschaft, die nicht den Anschluss an das europäische Einigungswerk verlieren wollte und deshalb auf die Modernisierung der Strukturen setzte.

Von der Politik schwappte die Erneuerungswoge in die Gesellschaft. Es wurden zwar keineswegs subversive Programme aufgestellt, aber das allgemeine Verlangen nach Legalität und die Forderung, die öffentlichen Strukturen dürften nicht länger nur der Autoreproduktion einer Oligarchie dienen, schienen die Grundlagen des seit Jahrzehnten bestehenden, spezifisch italienischen Modells in Frage zu stellen zu Gunsten eines »moderneren« oder »europäischeren«. In der Tat war sogar von einer friedlichen »italienischen Revolution« die Rede.

All das waren Illusionen. Italien verdankt seine »Erfolge« - es ist immerhin zur fünften oder sechsten Industrienation der Welt aufgestiegen - gerade seiner Verbindung von archaischen und modernen Zügen und der daraus hervorgehenden großen Flexibilität. Seine Umwandlung in ein Land, in dem alles nach Recht und Gesetz zugeht, wäre vom Systemstandpunkt aus genauso kontraproduktiv wie es das Bestehen der japanischen Arbeitnehmer auf den ihnen zustehenden Rechten wäre.

Berlusconi: der ultraliberale Ritter der Arbeit

Nach dem äußerst bewegten Jahr 1993 erfolgte bereits 1994 ein radikaler Umschwung in der Politik mit dem Auftauchen Berlusconis, des zweitgrößten Unternehmers des Landes. Der Wahlsieg seiner erst wenige Wochen vor den Wahlen gegründeten Forza Italia, seine Regierungsbildung zusammen mit der Lega Nord und der Alleanza nazionale - womit zum ersten Mal in der europäischen Nachkriegsgeschichte eine aus dem Faschismus hervorgegangene Partei an der Regierung beteiligt wurde - sowie die Anfänge seiner Regierungstätigkeit stellten auf einmal die italienische Innenpolitik in den Brennpunkt der internationalen Aufmerksamkeit.

Hier schienen die »westlichen Demokratien« ihre eigene Zukunft zu erblicken: ein verhüllt autoritäres System, in dem ein Großindustrieller, der als eine Art Mischung aus Messias und Popstar auftritt, dank seiner Fernsehkanäle stets die öffentliche Meinung in der Hand hat und mittels Referenden und Meinungsumfragen unter weitgehender Umgehung des Parlaments und aller traditionellen Institutionen regiert. Forza Italia ist keine Partei, sie besteht aus den regionalen Leitern von Berlusconis Unternehmen, statt Ortsgruppen gibt es Clubs Forza Italia, und es finden weder Parteitage noch Wahlen der Funktionsträger statt. Der Ultraliberalismus, die Initiative zur Amnestie inkriminierter Politiker, die Legalisierung aller illegal gebauten Häuser, das Jagdrecht in den Nationalparks, die Kürzung der Renten waren seine Haupttaten. Aber Berlusconis erstes Reich währte nicht lange.

Nach sechs Jahren Harren und Dulden (1) scheint nun sein Sieg bei den Wahlen in einigen Monaten kaum noch aufzuhalten, nachdem er mittlerweile mehrfach in zweiter Instanz von Anklagen wie Bestechung und Bilanzfälschung freigesprochen wurde. Hinzu kommt ein neues Wahlbündnis mit der Lega, das wegen des Mehrheitswahlrechts von ausschlaggebender Bedeutung ist. Aber dieser erneute Ansturm des »Cavaliere« Berlusconi auf den Ministerpräsidentenpalast geschieht nunmehr unter dem Vorzeichen einer Rückkehr zu »normalen« politischen Verhältnissen (siehe Jungle World, 18/00).

Der überall zu beobachtende Übergang zur »Postpolitik« ist jedoch in Italien weit fortgeschritten im Sinne einer Notstandsverwaltung, die längst den Anspruch aufgegeben hat, als ein selbstständiger Bereich irgendwie der Warenlogik Vorschriften zu machen. Mit dem herkömmlichen Begriff des »Endes der Ideologien« ist diese Politik nur sehr unzureichend umschrieben. Zur italienischen Postpolitik gehören die Existenz einer »Betriebs-Partei« (partito-azienda) wie Forza Italia, die Bildung von Regierungskoalitionen quer durch das ideologische Beet oder die Tatsache, dass ein ehemaliger faschistischer Schläger wie Francesco Storace ohne großes Aufsehen zum Präsidenten der Region Lazio gewählt werden konnte und seitdem auch von seinen Gegnern wegen seiner angeblichen Korrektheit gelobt wird. Dazu gehört der Umstand, dass Giuliano Amato dieselben Austeritätsprogramme, die er früher als Bettino Craxis rechte Hand mit Unterstützung der DC durchführte, nun als von den Linksdemokraten (DS, ehemalige Kommunistische Partei) getragener Ministerpräsident durchsetzt, und die Tatsache, dass mehr als zehn Prozent der Abgeordneten im Lauf der Legislaturperiode die Fraktion gewechselt haben.

Dazu gehört aber auch die Verwandlung von Parteien in offene Lobbys, die behaupten, weder rechts noch links zu stehen, sondern sich mit jeder Kraft verbünden zu wollen, die ihnen hilft, ihre spezifischen Anliegen durchzusetzen. Das gilt vor allem für die Lega, für die Radikalen und für Antonio Di Pietro und seine Gefolgsleute. (2) Obwohl diese drei Gruppierungen zusammen weniger als zehn Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen, lohnt es sich, sie etwas genauer zu betrachten. Sie stellen zwar eine Tendenz dar, die es in dieser Ausprägung in anderen europäischen Ländern (noch) nicht gibt; aber wahrscheinlich werden Gestalten wie Pannella, Bossi oder Di Pietro in naher Zukunft den anderen Europäern weniger fokloristisch oder typisch italienisch als heute vorkommen.

Pannellas Radikale: die Extremisten der Mitte

Die Radikalen und ihr charismatischer Führer Marco Pannella wurden in den siebziger Jahren - auch bei Linken in Deutschland - dank ihrer ungewöhnlichen und respektlosen Protestformen berühmt: Hungerstreiks und parlamentarische Obstruktion durch Dauerreden, öffentliches Verteilen von Haschisch und die Nominierung von ihrer Meinung nach zu Unrecht Eingekerkerten (wie dem Theoretiker der Autonomia operaia, Toni Negri) bei Parlamentswahlen. Sie setzten sich für das Recht auf Abtreibung, die Legalisierung von Drogen, die Gleichberechtigung von Homosexuellen, unverheirateten Paaren und anderen von der katholischen Moral diskrimierten Gruppen und gegen die Polizeiwillkür, die Notstandsgesetze zur Bekämpfung des »Terrorismus« oder die Parteienfinanzierung aus Steuergeldern ein. In der Zeit des »historischen Kompromisses« zwischen Democrazia cristiana und Kommunistischer Partei sahen viele in den Radikalen die einzige echte Oppositionskraft, die nur an politischen Inhalten interessiert sei und nicht an der Macht. Intellektuelle wie Pier Paolo Pasolini oder Leonardo Sciascia sympathisierten mit ihnen, und sie kamen bei Wahlen zeitweilig auf über fünf Prozent.

Aber es war ein Irrtum, in ihnen so etwas wie Anarchisten zu sehen, die die politischen Institutionen aus rein taktischen Gründen benutzten oder in der Absicht, sie lächerlich zu machen. In Wirklichkeit war die Radikale Partei in den fünfziger Jahren als Abspaltung der rechtsgerichteten Liberalen Partei entstanden, und die Radikalen blieben auch in ihren besten Momenten wildgewordene Linksliberale. Zu Bewegungen wie der Autonomia operaia standen die Radikalen stets in scharfem Gegensatz - sie waren eine Art Bürgerrechtsbewegung amerikanischen Stils, die bei weitgehender Aussparung aller Eigentumsfragen die Freiheit des bürgerlichen Individuums von staatlicher oder kirchlich-moralischer Bevormundung zum Programm hatte. Ihr großer Beitrag zur Überwindung der in der italienischen Gesellschaft der siebziger Jahre noch reichlich vorhandenen Anachronismen - so wurde die Scheidung erst 1974 endgültig eingeführt - erscheint im Nachhinein als völlig systemkonform im Sinne einer Anpassung des Landes an moderne Standards, deren Notwendigkeit korrupte, frömmelnde und mit der Mafia paktierende DC-Bosse ebenso wenig einzusehen vermochten wie die Kommunisten, die um jeden Preis von diesen anerkannt werden wollten.

Die weitere Entwicklung der Radikalen zeigt den besonderen Charakter der abstrakten »Freiheit« im Kapitalismus auf. So wie sie sich für Toni Negri einsetzten, so taten sie das auch für inhaftierte Mafiosi und Rechtsradikale und später für den von der Justiz verfolgten Berlusconi - Hauptsache, es ging gegen die angebliche Übermacht der Richter. Missstände im Rechtswesen sind tatsächlich keine Seltenheit in Italien, aber die Polemik dagegen machte die Radikalen denjenigen Politikern sympathisch, die öfters Scherereien mit der Justiz hatten, in erster Linie Bettino Craxi und seinen Sozialisten. Diesen Schmiergeldkönig unterstützten die Radikalen dann in der Tat auch in den achtziger Jahren mit dem Argument, er biete endlich eine Alternative zur Zweierherrschaft von DC und PCI. Vor allem aber setzten die Radikalen ihr ganzes Arsenal provokativer Methoden jetzt zur Selbsterhaltung ein, erjammerten die öffentliche Finanzierung ihres Radiosenders und drohten den Wählern mit Auflösung ihrer Partei, sollten sich nicht genügend neue Mitglieder einschreiben. Trotz aller Kehrtwendungen, Pannen und reinen Hanswurstiaden gelang es Pannella, immer wieder neue Aktivisten und Wähler für sich zu gewinnen. Man kann schwerlich eine italienische Innenstadt betreten, ohne diese Art von Zeugen Jehovas zu treffen, die Unterschriften für oder gegen irgendetwas sammeln.

Als 1994 Berlusconi die politische Arena betrat, erklärte Pannella, das sei endlich die Überwindung des verhassten »Palastes«. Er trat in dessen Regierungskoalition ein und betätigte sich dort als Scharfmacher beim Versuch, die herkömmliche Machtverteilung umzuwerfen, warf ihm aber bald vor, den »echten« Liberalismus zu Gunsten eines Kompromisses mit den traditionellen Mächtegruppen verraten zu haben. Seitdem geistern die Radikalen erst recht als Irrlicht durch die italienische Politik, ohne jedoch je von der Bühne zu verschwinden. Vor allem seit der alt und krank gewordene Pannella in Emma Bonino eine Nachfolgerin gefunden hat, die ihr Amt als EG-Kommissarin für Menschenrechtsfragen - das sie Berlusconi verdankte - sehr publicityträchtig auszuüben verstand, bieten sich die Radikalen jeder politischen Kraft an, die bereit ist, sich einen Teil ihres wilden Deregulationsprogramms zu Eigen zu machen. (3)

Denn unter dem einstigen libertären Anstrich ist mittlerweile die neoliberale Substanz zum Vorschein gekommen. Neben der Freiheit zum Joint, zur Immigration oder zur künstlichen Besamung auch für alleinstehende Frauen - Forderungen, an denen die Radikalen festhalten, weswegen sie beim katholischen Teil der Rechten als eher unerwünschte Bündnispartner gelten und herablassend behandelt werden - stehen jetzt ganz oben im Programm andere Freiheiten, die weiterhin mit der revolutionären Geste des Angriffs auf ein verkrustetes Privilegiensystem verkündet werden: Freiheit zum umstandslosen Entlassen von Arbeitnehmern, Freiheit zur privaten Krankenversicherung mit entsprechendem Abbau der staatlichen, Freiheit von Belästigungen durch Richter, Freiheit von mächtigen Gewerkschaften und was es sonst noch für Freiheiten im Zeichen von Flexibilität, Privatisierung und Deregulation gibt.

Zur Durchsetzung dieser neuen Menschenrechte greifen sie bei jeder Gelegenheit zum Referendum - es genügen 500 000 Unterschriften -, mit dem Ergebnis, dass die Beteiligung daran immer mehr sank und in den letzten Jahren fast alle Referenden ungültig waren, weil die 50-Prozent-Quote nicht erreicht wurde. Nicht einmal Berlusconi wollte ihre letzten Referenden zum sozialen Kahlschlag unterstützen, und der Industrieverband sorgte sich um die mögliche Verschlechterung des sozialen Klimas. Aber die radikalliberalen Fetischisten von »Freiheit« und »Menschenrechten« - was auch bedingungslose Treue zur Nato beinhaltet, vor allem im Jugoslawien-Krieg - werden so schnell nicht verschwinden, denn sie sind ein, wenngleich parodistisch übersteigerter, Ausdruck der postpolitischen Freiheit von und zu allem. Und das heißt auch die Freiheit dazu, heute das Gegenteil von dem zu behaupten, was man gestern sagte und morgen sagen wird, und die Freiheit dazu, alles zu tun, um das in Wirklichkeit immer gleiche Programm durchzusetzen: die Ausgrenzung derer, die beim globalen Monopoly nicht mitkommen.

Vielleicht der einzige echte Unterschied zwischen den konkurrierenden Verfechtern dieses Programms ist die Frage, inwieweit auch Frauen und Homosexuelle, Immigranten, Haschischraucher und andere neue Spieler gleichberechtigt mitmachen dürfen. Die gegensätzlichen aber zusammengehörenden Pole des rein abstrakten, universalistischen Warenindividuums einerseits und der korporatistisch-identitären Verteidigung der Gewinnersegmente andererseits sind in Italien in ihrer Reingestalt auf verschiedene politische Parteien verteilt, die das Rechts-Links-Schema durchbrechen. Auf Pannellas Radikale passt die Charakterisierung als »Extremisten der Mitte« oder »extremistische Liberale«; »linke« Themen wie die Legalisierung von Drogen vertreten sie radikaler als die Linke und rechte Themen wie den Sozialstaatsabbau rabiater als die Rechte. Den identitären, pseudo-konkreten Pol der Ausgrenzungslogik und des Arbeitsfanatismus - die in dieser Schärfe in Italien vorher unbekannt waren - verkörpert hingegen die Lega Nord.

In Italien verteilen sich die verschiedenen Elemente des traditionellen rechtsextremen Gedankenguts (4) auf die Lega und die Alleanza nazionale (AN), die auch geografisch differenziert sind: Während die Lega natürlich nur im Norden präsent ist, ist die AN dort eher schwach und besitzt ihre Hochburgen im Latium, in Kampanien und in Apulien. Die Lega hat mit Vaterland, Führergruß und Säbelrasseln wenig am Hut, erscheint aber ansonsten als die extremistischere Partei. Denn obwohl manche Vorstadtsektionen von AN »Antizigeunerkomitees« anführen - in denen man aber genauso örtliche Vertreter der regierenden Linksdemokraten finden kann - und vor allem in der Jugendorganisation Fronte della gioventù weiterhin offen rechtsradikale Ideen kursieren, bemüht sich die Parteispitze (5) stets um Respektabilität; sie gehört im Europaparlament der neogaullistischen Gruppe an, verurteilt offiziell »Faschismus und Kommunismus« und legt Kränze an den Orten nazifaschistischer Untaten nieder. Ihr Chef Gianfranco Fini bemüht sich seit Jahren, offiziell nach Israel eingeladen zu werden - bis jetzt allerdings ohne Erfolg, trotz seiner guten Beziehungen zum Likud. Einzelne Vertreter zeigen sich tolerant gegenüber Homosexuellen oder verlangen eine Amnestie für rechte wie für linke Terroristen.

Bossis Lega Nord: der Rassismus der Produktiven

Die Lega setzt gerade darauf, all das hinauszuschreien, was der mit seinem Familienbetrieb reich gewordene Spießer in der norditalienischen Kleinstadt an Ressentiments bereithält. Ihr Programm war es von Anfang an, Schluss mit der »Bevormundung« des Nordens durch die »korrupte« und »unfähige« römische Zentralregierung zu machen, die den vom »produktiven« Norden erwirtschafteten Reichtum in den »unproduktiven« Süden voller »Faulenzer und Mafiosi« umleitet. Die Lega Lombarda wurde Anfang der achtziger Jahre von Individuen gegründet, die zum Teil, wie Umberto Bossi und sein Vize Roberto Marroni, vorher der Linken angehört hatten, während die Liga Veneta ursprünglich ein Ableger der Neofaschisten war und in Flugblättern die Veneter dazu aufforderte, Ehen mit Süditalienern zu vermeiden, um keine »Bastarde« zu erzeugen.

Damals hätte wohl niemand darauf gewettet, dass solche Leute wenige Jahre später in der Regierung sitzen würden. 1987 schickten diese Ligen vier Abgeordnete ins Parlament, blieben aber eine belächelte Sekte. 1991 schlossen sie sich zur Lega Nord zusammen und kamen bei den Wahlen im Jahr darauf zur allgemeinen Überraschung auf 80 Abgeordnete. 1992 bis 1994 profitierte die Lega ungemein von der allgemeinen Um- und Zusammenbruchsstimmung; die schwerste Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit in Italien und das Ausscheiden der Lira aus der Währungsschlange führten beim kleinen und mittleren Bürgertum des Nordens zur Überzeugung, nur im Alleingang den Zug nach Europa noch zu bekommen.

Die Lega wurde 1994 nicht nur zur stärksten Partei in der Kammer, sondern eroberte auch die Verwaltungen zahlreicher Städte, darunter Mailand. Sie bildete zusammen mit Forza Italia und Alleanza nazionale die Regierung Berlusconi, aber ließ diese schon nach wenigen Monaten stürzen, denn die Lega selbst und die Unternehmer des Nordens fühlten sich von Berlusconis politischer und wirtschaftlicher Unersättlichkeit bedroht. Die vorübergehende Spaltung der Lega und die jahrelange selbstgewählte politische Isolierung ließen sie aber bald viele ihrer Machtpositionen wieder verlieren und damit auch einen Teil ihrer Wähler. Umso bezeichnender ist es, dass sie sich trotz dieser schwierigen Umstände mancherorts behaupten konnte, vor allem in den Alpentälern und den kleinen und mittleren Orten der Lombardei und des Veneto. Aber auch in einer größeren Stadt wie Bergamo kommt sie auf 30 Prozent der Wählerstimmen.

Das verdankt sie einerseits dem Volkstribunentalent und der »Basisnähe« von Umberto Bossi. Die Lega steht und fällt mit ihm und seiner Mischung aus Aggressivität und Geschmeidigkeit, seiner Werwolfstimme und seinem politischen Spürsinn. Er hat einen grölenden, gewollt vulgären und sexistischen Ton eingeführt, der sich nicht an die traditionellen Sprachregeln der Politik hält, aber beim Publikum - auch beim weiblichen - gut ankommt und dessen Urheber offenbar eine Art Narrenfreiheit genießt.

Aber was steckt hinter der Proklamation der »Unabhängigkeit Padaniens« (6) und der Einrichtung eines »padanischen Parlaments«, dem Rumwedeln Bossis mit Ampullen, die Wasser aus der Quelle des »Gottes Po« enthalten, und Behauptungen wie der, die Bewohner Padaniens seien eigentlich keltischen Ursprungs und hätten deshalb nichts mit den Bewohnern des restlichen Italien zu tun, weshalb einige besonders überzeugte Fans eine Zeit lang mit hörnerbewehrten Helmen herumliefen? Natürlich glaubt niemand ernsthaft an eine solche Folklore außer ein paar Hitzköpfen wie denen, die vor zwei Jahren den Campanile in Venedig besetzten und sich für zukünftige Aktivitäten sogar eine Art Schützenpanzer in der Garage zusammengebastelt hatten. Warum ist die Lega, ähnlich wie die deutsche PDS, zwar landesweit auf fünf Prozent der Stimmen beschränkt, in einem Teil des Landes aber fest verankert und dort an den lokalen und regionalen Regierungen beteiligt, manchmal sogar als Mehrheitspartei?

In Wirklichkeit gefällt den Fans an Bossi sein Pragmatismus genauso wie sein Gebrüll. Was sie wirklich interessiert, ist einerseits seine Strategie, die darauf abzielt, die Kompetenzen der Regionen stark zu erweitern, vor allem auf finanziellem Gebiet, und Italien zu einem Bundesstaat zu machen, in dem der Norden keine Transferleistungen mehr an Regionen wie Kalabrien erbringen muss, die nur über die Hälfte seines Durchschnittseinkommens verfügen. Dieser Wunsch ist im Norden so weit verbreitet, dass auch alle anderen Parteien dieses Thema auf die eine oder andere Weise aufgegriffen haben und seine Umsetzung in Gesetze bereits begonnen hat.

Andererseits verdankt die Lega ihre effektive gesellschaftliche Verankerung ihrem blanken Rassismus. (7) Italien ist im Laufe weniger Jahre zu einem Einwanderungsland geworden: Fast anderthalb Millionen legaler Ausländer gibt es nunmehr und eine große Anzahl »illegaler«. Anfangs verkündete Bossi noch: »Die Römer sind schlimmer als die Neger.« Aber jetzt sind es doch die »Neger«, die von den lokalen Lega-Patrouillen gejagt werden - natürlich im Rahmen einer hysterischen Kampagne gegen die angebliche Zunahme von Kriminalität, obwohl die Statistiken das Gegenteil belegen. Der Lega-Bürgermeister von Treviso schlug vor, die Immigranten in Hasenkostüme zu stecken, damit sich die Jäger daran üben könnten; ein Gericht sprach ihn dafür frei, denn es habe sich dabei um eine »private Äußerung« gehandelt.

Diese antizivilisatorischen Tendenzen - zu denen es, auf einer anderen Ebene, genauso gehört, dass derjenige, der im Lega-Land auf der Straße mit süditalienischem oder römischem Akzent nach etwas fragt, gute Chancen hat, Schimpfwörter statt Informationen zu erhalten - sind eine typische Fortentwicklung marktwirtschaftlicher Freiheit und Gleichheit. Während das hochindustrialisierte und früher »rote« Nordwestitalien (Dreieck Turin-Mailand-Genua) wegen der Deindustrialisierung an Bedeutung verloren hat, ist der einst eher arme und katholische Nordosten mittlerweile die europäische Region mit dem höchsten Durchschnittseinkommen, wo Arbeitslosigkeit praktisch unbekannt ist.

Kleinbetriebe, meist auf Familienbasis, die oft direkt für den Weltmarkt produzieren, sind die Grundlage dieses »Wunders«, das natürlich nicht die Ausnützung billiger immigrierter Arbeitskraft verschmäht. Arbeitsethik wird hier ganz groß geschrieben. Eine Umfrage in Diskotheken zeigte, dass die Besucher, fast alles junge Selbstständige, bis zu 70, 80 Stunden in der Woche arbeiten und dann am Samstagabend versuchen, sich mit Hilfe von Ecstasy irgendwie zu amüsieren.

Aber der einst mit jeder Industrialisierung verbundene Mentalitätswandel und die Wanderbewegungen finden hier nicht mehr statt, und der neue Reichtum verbindet sich mit dem Verharren in einem kleinen Umfeld und dem Wunsch, unter sich zu bleiben. (8) Die »Leghisti« hassen gleichzeitig die »unten« (Einwanderer, aber auch Besucher der Centri sociali) und die »oben« (Großindustrie, Hochfinanz, »Lobbys« - auch der Supermarktkettenbesitzer Berlusconi gefällt diesen Krämern eigentlich gar nicht) und vor allem alle »Unproduktiven«: Süditaliens Bewohner, den Staatsapparat, Empfänger von Italiens spärlichen Sozialleistungen. Die Lega-Wähler sind weder vom sozialen Abstieg bedroht noch desorientiert, die Globalisierung und die Europäische Union sind ihnen kein Schrecken, sondern ihr Wunschziel. Es ist auf den ersten Blick unverständlich, woher ihr Ressentiment und ihre Gehässigkeit rühren.

Man könne durchaus von einem »Klassenkampf von oben« sprechen, sagt der römische Philosophieprofessor und Politologe Giacomo Marramao, Präsident der Lelio-Basso-Stiftung (9): Der Anteil an Lega-Stimmen sei um so größer, je höher das Durschnittseinkommen in der betreffenden Zone ist. Er zieht eine Parallele zu den Freiheitlichen in Österreich: Die obsessive Beschäftigung mit dem Thema der »Identität« decke eine politische Strategie. Früher arme Regionen wie Nordostitalien und Kärnten seien dank der Globalisierung und dem internationalen Handel zu Reichtum gekommen, wollen aber dessen Folgen, wie die Einwanderung, nicht akzeptieren, sondern wie vorher im Schatten ihres Kirchturms leben. Sie seien ein Beispiel für das, was man »glocal« nennt. Die Freiheit, die die Leghisten meinen, sei nicht die des Individuums, sondern die der Gemeinschaft.

Natürlich fielen die Traditionen, auf die dieser in Norditalien um sich greifende aggressive Anti-Universalismus sich beruft, meist unter das, was Eric Hobsbawm »die Erfindung der Tradition« nennt. Allerdings sei die Lega, im Gegensatz zur herkömmlichen Rechten, antinationalistisch, weil gegen den Zentralstaat, und ergehe sich deswegen gerne in antifaschistischer Rhetorik. Das erklärt übrigens, warum sich das Ausland, z.B. Gerhard Schröder in einem in Italien vielbeachteten Interview, weit mehr um eine eventuelle Regierungsbeteiligung von Alleanza nazionale sorgt als um eine der Lega.

Die Lega, so Marramao, habe ursprünglich linke Themen aufgegriffen, wie das der örtlichen Selbstverwaltung, und konnte allgemein davon profitieren, dass die Linke die neuen gesellschaftlichen Tendenzen im Norden einfach verschlafen habe. Allerdings, so muss man hinzufügen, fischt die Lega nicht im traditionell linken Publikum - das sich oft von der Politik ganz zurückgezogen hat -, sie beerbt vielmehr, ebenso wie die anderen rechten Parteien Italiens, die herkömmlichen Klientelstrukturen der implodierten DC. Insofern ist der typische Lega-Wähler alles andere als ein Revolutionär, auch kein rechter. Er will, ganz wie die FPÖ-Wähler in Österreich, hinausschreien, wie sehr er die regierenden Politiker satt hat und wie sehr er doch gleichzeitig möchte, dass alles genau so weitergeht wie bisher, nur mit weniger Ausländern und mehr Wirtschaftsliberalismus zu Ungunsten der Arbeitnehmer, aber natürlich ohne die korporativen Privilegien des Mittelstandes zu schmälern.

Die Lega ist, anders als Haider oder Le Pen, pro-EU, aber gleichzeitig, im Gegensatz zu AN, anti-amerikanisch. Während des Jugoslawien-Kriegs besuchte Bossi Slobodan Milosevic, um ihm auf die Schulter zu klopfen. Ihre eigentliche Vorstellung ist die eines verklärten »Mitteleuropas«, eines »Sonder«- oder »dritten« Wegs jenseits von Ost und West. Das verdient Ironie der Geschichte genannt zu werden: Nachdem das 1860 geeinte Italien seinen nationalen Zusammenhang jahrzehntelang im Kampf gegen Österreich fand, zu dem bis 1919 Gebiete gehörten, die von Italienern bewohnt waren, verkünden heute die Lega-Ideologen, man solle zur »guten Verwaltung« unter Franz Joseph zurückkehren, und von Mailand aus sei Wien sowieso näher als Palermo. Späte Rache der Habsburger!

Di Pietro: der Law-and-Order-Populist

Auch wer neu in die Politik eintritt, will nicht vorschnell sein Wählerpotenzial durch Festlegung auf irgendeinen Inhalt einengen. Nachdem der Richter Antonio di Pietro Craxi vor Gericht gebracht hatte, war die Symbolfigur von »Mani pulite« zweifellos der beliebteste Mensch Italiens. Er wollte nicht versäumen, daraus Profit zu schlagen und trat 1994 aus dem Richterstand aus und in die Politik ein.

Bereits zuvor hatten ihn alle politischen Lager umworben, und Berlusconi hatte ihm das Innenministerium angeboten, ohne dass Di Pietro jemals auch nur andeutete, ob er nun links oder rechts stehe. Schließlich rückte er mit der Sprache heraus: Er fühle sich den Wählern von Forza Italia »nahe«, aber er könne Berlusconis Attacken auf die Justiz absolut nicht billigen und deshalb mit der Rechten nicht zusammenarbeiten. Vielleicht sah der nach den Sternen greifende Di Pietro einfach in Berlusconi das entscheidende Hindernis, um selber Anführer der rechten Mitte zu werden.

Während der sich einfach gebende Molisaner Bauernsohn »Tonino«, der nur mühsam korrekt Italienisch sprechen kann, weiterhin den kleinbürgerlichen Traum von einem anständig und ehrlich gewordenen, aber ansonsten unveränderten Italien verkörperte, wartete er den Ausgang der Wahlen von 1996 ab, bei denen er nicht kandidierte, um seine Herzensnähe zur Linken zu entdecken und als Minister in Prodis Regierung einzutreten, wo er aber nicht lange blieb. Durch eine Nachwahl ins Parlament gelangt, sammelte er eine persönliche Lobby aus Abgeordneten beinah sämtlicher Parteien und tummelte sich in der politischen Mitte, bis er nach und nach seinen gesamten Kredit verspielt hatte.

Dazu trugen sein politischer Dilettantismus, mangelnde Kompromissbereitschaft und Egozentrik bei, aber auch der Wunsch sowohl des linken wie des rechten Lagers, einen unberechenbaren Rivalen in der Publikumsgunst loszuwerden. Überdies stellte seine andauernde Verteidigung von »Mani pulite« und seine Polemik gegen jede Amnestie für angeklagte Politiker, so viele demagogische Elemente sie auch enthält, einen Störfaktor bei der von allen Parteien gleichermaßen betriebenen Rückkehr zur »Normalität« dar. Versuche seiner Gegner, ihn mit Dossiers und Enthüllungen zu erledigen, brachten zwar zu Tage, dass auch er kein Engel ist und gern Mercedes fährt; es kam aber nichts Strafbares dabei heraus.

Die Laufbahn dieses in mancher Hinsicht mit dem russischen General Lebed vergleichbaren Populisten ohne anderes Programm als Law and Order kann heute als eine reine Episode erscheinen. Aber wenn die um 1995 parteiübergreifende Tendenz zur Einführung eines Präsidialsystems Erfolg gehabt hätte, hätte Di Pietro damals die meisten Chancen gehabt, eine direkte Präsidentenwahl zu gewinnen. Nur hatte er das Pech, dass der Übergang zur Postpolitik damals nicht radikal genug war und der Systemzusammenbruch bald abgefangen wurde. Statt harten Durchgreifens gegen »die oben« und »die unten«, wie es Di Pietro wollte, steht jetzt wieder nur das gegen »unten« an - schon deshalb, weil man es in Italien denen »oben« lieber gleichtun will, als sie in den Staub rollen zu sehen.

Aber Arbeit für Populisten wird es auch in den nächsten Jahren genug geben. Ängste werden sicher geschürt durch die Öffnung der italienischen Wirtschaft. So exportorientiert sie auch ist, so war sie doch bis heute weit mehr als in anderen europäischen Ländern durch protektionistische Strukturen und Mentalitäten sowie durch Familienbetriebe, selbst auf der Ebene von Großkonzernen, geprägt sowie durch die Verflechtung einer sich stets aus demselben Milieu rekrutierenden Finanzoligarchie mit der Politik. Nun sind Eisenbahnen, Stromgesellschaft, Telefon, das ehemalige Staatsfernsehen usw. privatisiert und zum Teil vom Ausland kontrolliert. Ausländische Banken haben ihre Schalter in Italien aufgemacht, und Fiat ist nicht länger der größte Betrieb der Welt in Familienbesitz, seit General Motors dort eingetreten ist.

Der charakteristische Umschlag vom Liberalismus zum Monopol ist in Italien, dank der Politik, besonders rapide: Der Olivetti-Mannesmann-Gruppe ist es mit Unterstützung der Regierung gelungen, die beiden größten Telefongesellschaften (Telecom Italia und Omnitel) zu kontrollieren, sodass beide nun denselben Generaldirektor haben; jetzt soll daraus ein Medienkonzern als Gegengewicht zu Belusconis Mediaset werden. Einer wirklichen Konkurrenz im eigenen Land, komme sie von außen oder innen, will sich das italienische Kapital nicht ausgesetzt sehen. Sollten die kleinen und großen Oligarchien des Landes auch die für sie negativen Seiten der Liberalisierung zu spüren bekommen, kann man sich sicher noch auf eine neue Spielart des Populismus gefasst machen.

Anmerkungen

(1) Andreottis berühmte Behauptung, dass die Macht den abnütze, der sie nicht hat, scheint unzutreffend: Während die vier Rechtsparteien nach fast sechs Jahren Opposition immer noch dieselben Anführer haben, haben die regierenden Mitte-Links-Parteien es schon mehrfach für nötig gehalten, ihren jeweiligen Vorsitzenden über die Klinge springen zu lassen.

(2) Selbst die Kirche vertritt mittlerweile diesen Standpunkt, nachdem ihr mit der Democrazia cristiana ihr politischer Arm abhanden gekommen ist, und verkauft ihre Unterstützung an den Meistbietenden, z.B. was die (eigentlich von der Verfassung verbotene) öffentliche Finanzierung katholischer Privatschulen angeht. Bei jeder Wahl blühen Ad-hoc-Listen, die auf ein einzelnes Thema konzentriert sind; einen Achtungserfolg erreichte bei den letzten Regionalwahlen in Rom die Azione liberale eines Gynäkologen, dessen Programm aus der völligen Liberalisierung der künstlichen Befruchtung bestand.

(3) Der überraschende Erfolg der Lista Bonino bei den Europawahlen führte dann - bis zur Pleite bei den Regionalwahlen wenige Monate später im Frühjahr 2000 - dazu, dass auch die Linke sie zeitweilig umwarb.

(4) Der offene Neofaschismus im Stile Le Pens wird hingegen nur von Pino Rautis Fiamma Tricolore vertreten, die nicht über ein Prozent der Wählerstimmen hinauskommt.

(5) Deren Mitglieder fast alle in ihrer Jugend Knüppel oder auch Bomben für geeignete Mittel des politischen Kampfs hielten, bevor sie effizientere Mittel entdeckten.

(6) Die Lega Nord wurde schließlich in Lega für die Unabhängigkeit Padaniens, also der Po-Ebene, umbenannt, weil ja ein Ausdruck wie »Norditalien« bereits das Zugeständnis enthalten würde, Teil einer größeren Einheit »Italien« zu sein.

(7) Offen antisemitische Inhalte hingegen sind bis jetzt kaum aufgetreten, so wie sie überhaupt im modernen Italien keine große Rolle spielen und auch für den Faschismus ursprünglich nicht konstitutiv waren.

(8) Die Selfmademan- und Stammtischmentalität der Lega-Wähler drückt sich auch im hemdsärmeligen Auftreten ihrer Repräsentanten aus, die unter Umständen in Italien so unverzeihliche Fehler begehen wie der leghistische Minister Speroni, der in einer roten Jacke auftrat.

(9) Der Titel eines seiner letzten Bücher lautet »Nach dem Leviathan«, was durchaus dem Begriff der »Postpolitik« entspricht.