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Fauler WTO-Kompromiss

Schweiz. »Diese Regelung kommt vor allem den Interessen der USA und der Pharmaunternehmen der Industrieländer nach. Sie bringt jedoch kaum Verbesserung für Patienten in ärmeren Ländern.« So kommentierte Tobias Luppe von Ärzte ohne Grenzen den in Genf ausgehandelten WTO-Kompromiss zum Medikamentenzugang in ärmeren Ländern am vergangenen Sonnabend. Die Regelung, die den Zugang zu billigen Generika sicherstellen sollte, ist aus der Sicht internationaler Hilfsorganisationen völlig unpraktikabel.

»Heutzutage können ärmere Länder Generika mittels der Vergabe einer Zwangslizenz einführen, da generische Versionen fast aller Markenprodukte irgendwo auf dem Weltmarkt hergestellt werden«, sagte Céline Charveriat von Oxfam. »Doch die jetzt verabschiedete Regelung macht den Generika-Export derart kompliziert, dass die ärmeren Länder de facto keinen Gebrauch davon machen können. Das heißt, sie werden zukünftig kaum eine Alternative zu den teuren Markenpräparaten haben.« WTO-Chef Supachai Panitchpakdi sprach dagegen von einer »historischen Einigung«. Nachdem am Freitag ein schon sicher geglaubter Kompromiss am Widerstand mehrerer Schwellen- und Entwicklungsländer gescheitert war, waren diese den NGO zufolge am Sonnabend nach massivem Druck eingeknickt.

Krieg trotz Friedensvertrag

Liberia. Der erste Vorstoß war nur ein kurzer Besuch. Am Freitag vergangener Woche erreichte ein Trupp der westafrikanischen Interventionskräfte Ecomil die Hafenstadt Buchanan, 100 Kilometer südöstlich von Monrovia. Aus der zweitgrößten Stadt Liberias, die von der Lurd gehalten wird, berichten Flüchtlinge und NGO von Übergriffen, 8 000 Menschen hielten sich dort in einer Kirche verschanzt. Doch die Ecomil zog sich am selben Tag wieder zurück.

Trotz des Friedensvertrages geht der Krieg weiter, und die Ecomil ist nicht in der Lage, die Kämpfe zu beenden. Angesichts neu aufflammender Kämpfe kam es in der vergangenen Woche zu neuen Flüchtlingsströmen im Landesinneren. Der im nigerianischen Exil lebende Ex-Präsident Charles Taylor verlor seine Farm in Gbatala an die Rebellengruppe Lurd, und selbst in der Umgebung der Hauptstadt Monrovia war Gefechtslärm zu hören. Derweil wird bei der Uno über eine bewaffnete Friedensmission verhandelt. Sie soll die Ecomil Anfang Oktober ablösen.

Ahnungslose Ayatollahs

Iran. Wie die Spuren von waffenfähigem, hoch angereichertem Uran in die Gas-Zentrifugen der Atomanlage im iranischen Natanz gelangten, stellt für die Theokraten in Teheran ein Rätsel dar. Außenminister Kamal Kharazi vermutete, dass die Spuren nur von der Verunreinigung durch ausländische Lieferanten stammen könnten, da sein Land allein zivile Ziele verfolge. Dagegen werfen die USA dem Iran die Entwicklung von Nuklearwaffen unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung der Kernenergie vor. Angesichts des Funds der Kontrolleure der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zeigten sich auch die europäischen Länder besorgt.

Der IAEA-Gouverneursrat wird sich bei seiner nächsten Sitzung am 8. September in Wien mit der Thematik befassen. Kharazi zufolge hat sich der Iran schon bereit erklärt, in Verhandlungen über ein Zusatzprotokoll des Atomwaffensperrvertrages zu treten, das auch unangemeldete Kontrollen durch die IAEA ermöglicht. Derweil kündigte Russland die Unterzeichnung eines Abkommens über die Rücknahme von Brennstäben an, das dem Iran das Material für den Bau von Atomwaffen entziehen würde. Es soll der noch für dieses Jahr geplanten Inbetriebnahme des Atomreaktors in Bushehr vorausgehen.

Bomben in Bombay

Indien. »Wir würden gerne bedeutsame Gespräche mit Pakistan führen, aber solange die terroristischen Aktivitäten andauern, wird das nicht möglich sein.« Indiens Premier Atal Behari Vajpayee beschuldigte bei seiner Kaschmirvisite am Freitag vergangener Woche Pakistan der Unterstützung der islamistischen Lashkar-e-Toiba, die von der indischen Regierung für zwei Bombenanschläge vier Tage zuvor verantwortlich gemacht wird. 46 Menschen starben und rund 150 wurden verletzt, als die Autobomben im Zentrum der westindischen Hafenstadt unweit des Gateway of India und vor einem Basar in der Nähe eines Hindu-Tempels explodierten. Lashkar-e-Toiba wird auch in Verbindung mit dem Anschlag auf das indische Parlament im Dezember 2001 gebracht.

Die indisch-pakistanischen Beziehungen nähern sich nun nach einer kurzen Phase der Entspannung wieder dem Nullpunkt. Die pakistanische Regierung wies die indischen Vorwürfe zurück. Bisher bekannte sich keine Organisation zu den Anschlägen.

Killer in Uniform

Brasilien. Die schwer bewaffneten Vermummten, die am 29. August 1993 in Rio de Janeiros Armendistrikt Vigáro Regal 21 Menschen ermordeten, kamen nahezu ungestraft davon. Nur zwei Angehörige der Militärpolizei kamen in Haft, und bis heute erhielt keiner der Verwundeten und Hinterbliebenen des Massakers eine Entschädigung. Ebenso erging es den Opfern des Überfalls auf schlafende Straßenkinder kurz zuvor.

Anlässlich des zehnten Jahrestages der Massaker veröffentlichte Amnesty International einen Bericht über Polizeiübergriffe in Rio. Geändert hat sich für die armen Bevölkerungsschichten wenig. 621 Menschen sind allein im ersten Halbjahr dieses Jahres durch Polizeieinsätze ums Leben gekommen. Häufig wurden sie als Opfer von Kämpfen unter Drogendealern, so genannten shoot-outs, verbucht. Bei einer Vielzahl der Todesfälle soll es sich AI zufolge aber um außergerichtliche Hinrichtungen handeln. Regionalpolitiker wie Rios Gouverneurin Rosinha Garotinho dulden diese Art der Verbrechensbekämpfung und ermutigen die Polizei sogar öffentlich dazu.