Nachrichten

Gong zur nächsten Runde

Charlie Hebdo. Als ob der Wirbel um die Veröffentlichungen der Mohammed-Karikaturen und die folgenden Proteste nicht schon aufregend genug gewesen wären, legt das französische Satireblatt Charlie Hebdo, das sich bereits mit dem Nachdruck der Karikaturen (Jungle World, 7/06) bei Islamisten ziemlich unbeliebt gemacht hat, noch mal nach.

In seiner letzten Ausgabe veröffentlichte das antiklerikale Blatt ein Manifest, in dem es zum ideologischen Kampf gegen den Islamismus aufruft. Immerhin zwölf mehr oder minder bekannte Schriftsteller, Journalisten und Akademiker aus aller Welt konnten überzeugt werden, sich diesem anzuschließen. Und zwar solche, die aus erster Hand Erfahrungen mit »angewandtem Islamismus« machen durften, unter anderem die Schriftsteller Taslima Nasreen und Salman Rushdie. Damit verlässt das Blatt sein angestammtes Terrain der Satire und wird plötzlich ernst. Anscheinend beruht dieser Kurswechsel auf der Erkenntnis, dass es nicht reicht, sich bloß über religiös motivierte Überreaktionen lustig zu machen. Islamismus ist ein echtes Problem und kann, wie im Falle Rushdies, gar lebensbedrohlich sein. Da vergeht einem schon mal das Lachen.

Wie der Streit um die Karikaturen zeigte, meint das intellektuelle Dutzend in seinem Pamphlet, sei nach der Überwindung von Stalinismus, Nazismus und Faschismus der Islamismus die neue globale Gefahr, die es im Kampf für Freiheit, gleiche Möglichkeiten und säkulare Werte auf ideologischem Boden zu besiegen gälte. Ring frei also für die nächste Runde, die gewählten Waffen sind dieses Mal an­dere. (kb/aha)

100 Kerzen

Jubiläum. Liebe De:Bug, hiermit noch herzliche Glückwünsche zur 100. Ausgabe. Speziell diese ist ja wirklich hervorragend gelungen, auf ein derartiges ABC der »elektronischen Lebensaspekte« haben wir viel zu lange warten müssen. Endlich wissen wir Bescheid darüber, was »das analoge Loch« überhaupt sein soll, und das, was euch etwa zum Stichwort »Jugend« eingefallen ist, hat uns sehr gefallen: »Jugend ist generell überbewertet und setzt sich auf lange Zeit nicht durch.«

Sehr interessant ist es auch, nochmals nachverfolgen zu können, wie aus Buzz, dem Namen, den ihr euch ursprünglich geben wolltet, Re:Buzz und irgendwann eben De:Bug wurde. Und das alles wegen einem Kölner »Techno-Proll«, der meinte, er sei der alleinige Rechteinhaber des Begriffs Buzz. Im Nachhinein kann man dem Typen doch nicht einmal böse sein, oder?

Ein wenig nostalgisch wird man allerdings, wenn man in eurer Rückschau noch mal sieht, wie unglaublich anders und eigenwillig ihr damals mit eurem Tageszeitungsdesign ausgesehen habt. Zumindest für ein Blatt wie das eure war das reichlich originell. Heute wirkt ihr ein wenig normaler, abgeklärter, aber ihr seid auch besser, interessanter und lesbarer geworden, wie ich finde.

Und die Sache mit den Plattenrezensionen, die bei euch ganz automatisch mit Höchstwertungen versehen werden, ist eigentlich gar nicht mehr so dramatisch. Ernst nehmen tut die Wertungen ja sowieso niemand mehr, fünf Punkte unter einer Review sehen aber einfach auch besser aus als bloß zwei oder drei oder gar keiner, da habt ihr schon Recht.

Macht weiter so und nur das Beste für die Zukunft. Euer: (aha)

Grusel, Zähneklapper

»Gespenstergeschichten«. Echt Horror: Bastei-Lübbe stellt seine tollen »Gespenstergeschichten« ein. Nicht, dass man nun diese Grusel-Comics voller Vampire, Untoter, Werwölfe und anderer Gruselmonster regelmäßig gelesen hätte, aber ein wenig beruhigend war es schon zu wissen, dass bei vergessener Lektüre am Bahnhofskiosk wenigstens die Geschichte vom »Wächter der Todessümpfe« oder so etwas auf einen wartete.

Nach über 40 Jahren ist jetzt Schluss, weil das Zeug einfach niemand mehr lesen möchte, weil Gruseliges dieser Machart sich einfach totgelaufen hat. Was anscheinend dagegen immer noch blendend läuft, sind die Bastei-Lübbe-Reihen »Jerry Cotton«, »Der Bergdoktor«, »Der Tierarzt von Mittenwald« und »Sternenfaust und Professor Zamorra – Meister des Übersinnlichen«. Somit kann man auch getrost weiterhin seine Lektüre für die Zugfahrt vergessen. (aha)

Klinsi total super

Mode. Das Magazin Best Fashion, eine Sonderausgabe von Men’s Health, hält in den Kategorien »Style«, »Business« und »Eleganz« Xavier Naidoo, Jürgen Klinsmann und Giovanni di Lorenzo für die am besten gekleideten Männer Deutschlands. Ein Land, in dem Jürgen Klinsmann als Mode-Ikone gilt, muss wirklich tief am Boden lie­gen. (aha)

Berliner Clubsterben

»Goya«. Vielleicht interessiert sich außerhalb Berlins niemand dafür, dass nach gerade mal drei Monaten der Promi-Club Goya, in dem sich echte Promis freilich lieber nicht blicken lassen, Insolvenz angemeldet hat. Aber uns Berliner erfüllt das durchaus mit Befriedigung, und wir können kaum leugnen, dass wir diese Posse äußerst lustig finden. Denn schon als er geplant wurde, dieser Club für die Berliner Sternchen-Society, war eigentlich klar, dass das nichts werden wird. Gepflegte Atmosphäre, gedämpftes Clubfeeling, geschmackvolle Einrichtung, wer will so etwas schon haben?

Der Laden war dann auch einfach viel zu piefig. Eben nicht Glamour, Koks und Champagner, Luder, George Clooney und Brad Pitt oben ohne, sondern ein Laden für BWL-Studenten und Bankangestellte. Niemand wird dem Goya, wo der Lustfaktor gegen Null ging, auch nur eine einzige Träne nachweinen. (aha)