Der Preis der Freiheit

in die presse

Die Redaktion der Berliner Zeitung erhält den Preis der Pressefreiheit vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV). Die Redaktion bekommt das Geld, weil sie sich gegen »rein finanzielle Interessen der neuen Besitzer« engagiert habe. Der Berliner Verlag, zu dem neben der Berliner Zeitung auch die Boulevard-Zeitung Berliner Kurier und das Stadtmagazin Tip gehören, war im Oktober 2005 an die US-amerikanische Gruppe Veronis Suhler Stevenson und Montgomerys Mecom Group verkauft worden.

Die Journalisten-Gewerkschaften bildeten Kommissionen, die gewohnt folgenlos debattierten. Die meisten Zeitungen erklärten sich solidarisch mit der arbeitenden Journalistenklasse am Alexanderplatz, weil das nichts kostete. Aber niemand forderte das Nächstliegende: das Verlagsgebäude zu besetzen und die profitable Berliner Zeitung zu einem journalistenvolkseigenen Betrieb zu machen.

Im Berliner Verlag gibt jetzt ein »ausländisches Finanzkonsortium« die Befehle. Aus den Reaktionen der Medien lernt man, dass Journalisten sich den Kapitalismus noch immer wie Klein Fritzchen vorstellen. Tatsache ist: Die Investorengruppe übernahm das Medienunternehmen deshalb ohne größeren Widerstand und konkurrenzlos, weil das Kartellrecht den deutschen Verlegern den Kauf verbot. Dumm gelaufen eben für die nationalen Finanzkonsortien. Kapitalisten mit deutschem Pass sind aber weder besser noch schlechter als italienische oder russische: Nur der Profit zählt. Die Gewerkschaften mahnten und jammerten, der neue Besitzer verfolge »ausschließlich finanzielle Ziele«. Ein Verleger, der sich jedoch nicht nur dem Geldverdienen widmet, sondern auch publizistische Ideale vertritt, etwa eine journalistisch hochwertige Zeitung zu publizieren, hat nur vorher so viel abgezockt, dass er sich das leisten kann.

Die 7 500 Euro Preisgeld aber sollte die Redaktion der Berliner Zeitung investieren, etwa in einen Volkshochschulkurs über den Leverage-Effekt – wie man das eigene Kapital effektiv vervielfacht.

burkhard schröder