»Wir wollen spielerisch provozieren«

small talk

Am 5. Mai, dem Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, soll erstmals die Berliner Zeitung für Menschen mit Behinderung Mondkalb erschei­nen. Ein Gespräch mit Jan Plöger, einem Gründungsmitglied

Warum macht ihr eine Zeitung für Behinderte?

Wir wollen Menschen mit den verschiedensten Behinderungen erreichen und sie aus ihrer Isolation holen. Viele von ihnen arbeiten in Werkstätten, sind in Heimen untergebracht und haben kaum Kontakt. Es gab mal eine sehr starke Behindertenbewegung, an die wollen wir anschließen. Einige Veteranen von damals sind auch dabei, andere kommen aus linksradikalen Zusammenhängen. Das ist das Neue an Mondkalb.

Es könnten auch Menschen ohne Behinderung an eurer Zeitung interessiert sein. Welche Schwerpunkte wollt ihr setzen?

Wichtig ist, dass wir eine Zeitung herausbringen und kein Flugblatt. Den Fokus werden wir auf Menschen mit Behinderung legen. Wir wollen Themen setzen, die sehr nah an den Lebensrealitäten von Behinderten angelegt sind. Unsere Zeitung soll aber auch ein nicht behindertes Publikum ansprechen. Denn als Linke sind wir auch an anderen Themen interessiert, wie beispielsweise Migration oder Antirassismus.

Mit der Berliner Behinderten Zeitung gibt es schon eine Zeitung für Behinderte. Wodurch will sich Mondkalb abheben?

Die Berliner Behinderten Zeitung finde ich überhaupt nicht attraktiv. Sie ist zusammengeschustert. Da ist immer Betroffenheit drin, die wir nicht wollen. Wir wollen eine attraktive Szenezeitung machen, die man gerne liest und in Kneipen ausliegt. Wir spielen mit verschiedenen Dingen, um zu provozieren. So etwas kann man im Layout aufgreifen oder über Fotos und Karikaturen transportieren.

Werden in der Linken Menschen mit Behinderung tabuisiert?

Ignoriert. Viele Leute, auch in der Linken, gehen ins Fitnessstudio, und da passen Behinderungen eben nicht so richtig rein. Die Idee einer leitbildfreien Gesellschaft gab es mal. Und wenn man nachfragt, stellt sich schnell heraus, dass es am besten wäre, wenn es Behinderungen nicht mehr gäbe, also auch keine Behinderten.

Werden deshalb Behinderte auch weniger thematisiert?

So genau kann ich das nicht sagen. Bei Rassismus kann man merklicher betroffen sein. Bei Behinderungen ist das anders: Es kann viele einfach mal so treffen, ganz unvorhergesehen.

interview: hannes delto