Michaele Hustedt, Umweltpolitische Sprecherin der Grünen

»Grünes Monopoly«

Wie wollen die Grünen mit einer Partei koalieren, deren Spitzenkandidat in einem Einigungspapier mit der Unionsregierung gemeinsame Positionen in Sachen Energiepolitik formuliert?

Gerhard Schröder konnte sich damit in der SPD nicht durchsetzen. Der grüne Bundesvorstand hat die Position von Schröder abgelehnt, unter anderem, weil er zu lange Restlaufzeiten für AKW festlegt.

Ist dieser sogenannte Energiekonsens die Grundlage für eine mögliche Verhandlung einer rotgrünen Koalition ?

Nein. Für uns steht der sofortige Ausstieg an, während sich die SPD erst in zehn Jahren von den AKW verabschieden will. Natürlich gibt es ein Problem: Die Energieversorger haben unbefristete Genehmigungen und damit auch einen Entschädigungsanspruch. Wir wollen durchsetzen, daß entschädigungsfrei ausgestiegen wird. Zudem sind wir nicht der Meinung, daß Gorleben und der Schacht Konrad als Endlager geeignet sind. Auch das muß noch einmal diskutiert werden. Aber erst, wenn der Ausstieg beschlossen ist.

Wird Ahaus zum großen nationalen Zwischenlager, das auf unbestimmte Zeit betrieben wird ?

Nein, nach den rotgrünen Regierungsvereinbarungen in Nordrhein-Westfalen soll dort nur Müll aus Nordrhein-Westfalen hin.

Ist ein nationales Atommüllmanagement ein unverzichtbarer Bestandteil zukünftiger Energiekonsensgespräche ?

Ja. Sonst kommt es dazu, daß arme Länder, die dringend Devisen brauchen, bestochen werden, um den hochgefährlichen Atommüll aufzunehmen. Ob die Sicherheitsvorschriften eingehalten werden, kann dann niemand mehr kontrollieren. Es gibt weltweit noch kein einziges Entsorgungskonzept für den Atommüll. Auch hier im eigenen Land haben wir die Debatte noch gar nicht richtig begonnen. Ziel muß sein: Nationale Entsorgung!

Also auch ein Zwischenlager in Süddeutschland ? In welchem Zeitraum wäre das machbar ?

So schnell wie möglich. Denn dann wird diskutiert werden, daß Bayern die meisten Atomkraftwerke betreibt, sich aber in Sachen Entsorgung nicht beteiligt, sondern jetzt seinen Atommüll nach Nordrhein-Westfalen abschiebt.

Die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) zählen zu den Energieriesen, die es geschafft haben, in allen Verwaltungsbereichen ihre Leute zu positionieren ...

Nicht nur die RWE, sondern auch VEBA. Alle Stromkonzerne sind verschwippt und verschwägert mit den anderen Parteien. Mit den Grünen nicht, wir handeln unabhängig von den Stromkonzernen. In der Frage Atomkraftausstieg sind sie allerdings nicht das Hauptproblem. Schließlich wissen auch sie, daß mit dem jetzt anstehenden Wettbewerb im Energiebereich das Betreiben von Atomkraftwerken eher unwirtschaftlich wird. In Großbritannien und den USA, die ja schon Wettbewerb haben, bedeutet das aus ökonomischen Gründen das Aus für die Atomenergie. Deswegen gibt es durchaus Bereitschaft von seiten der Stromkonzerne, auch auf andere Art der Energieerzeugung zu setzen. Das Problem ist die CDU, die auf ihrer ideologischen Pro-Atomhaltung besteht, weil sie sonst einen Generationskonflikt verlieren wird.

Dennoch: Mit welchen Mitteln sollen die Quasimonopole der Stromkonzerne abgebaut werden ?

Entscheidend ist, daß wir echten Wettbewerb im Energiebereich bekommen. Allerdings sind hier die Netze im Besitz der Stromkonzerne. Folglich muß jeder, der jetzt im Wettbewerb Strom anbietet, diese Netze benutzen, um ihn zu den Kunden zu leiten. Die Netze müssen für jeden diskriminierungsfrei zugänglich gemacht werden.

Auch der internationalen Stromwettbewerb innerhalb EU steht nun an. Wird das die Fortsetzung der Nutzung von Atomenergie mit anderen Mitteln ?

Warum ?

Weil es vermutlich nicht zu einem gleichzeitigen Abbau von Monopolen in allen EU-Staaten kommt. Außerdem werden bestimmte Monopole - etwa in Frankreich - weitere Subventionen bekommen.

Nein, die Franzosen haben ein Riesenproblem. Sie haben keine Rücklagen für die Entsorgung des Atommülls gebildet und gleichzeitig werden dort jetzt sehr viele Reaktoren an die Grenze der technischen Laufbarkeit stoßen. Auch finanziell wird es Probleme geben. Weil die Atomtechnologie sehr teuer ist, werden sie im Wettbewerb gegen andere Unternehmen wie zum Beispiel Betreiber von Gaskraftwerken schlechte Chancen haben.

Thema Monopolabbau: Es gibt die Kritik, daß bisherige Monopolisten im beginnenden Wettbewerb ein Preisdumping anfangen, um etwa Stadtwerke in die Knie zu zwingen.

Die Stadtwerke muß man in der Tat etwas schützen, schließlich fangen wir im Wettbewerb nicht bei Null an. Sie stehen also dann in Konkurrenz zu den finanzstarken Stromkonzernen. Wir wollen, daß insbesondere Stadtwerke, die Strom in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugen, eine Vorrangregelung erhalten. Denn dieser Strom wird ja umweltverträglich erzeugt.

Das wird Umschichtungen im Bundeshaushalt geben. Wo soll dafür gekürzt werden?

Für die Energiewende brauchen wir so gut wie kein Geld aus dem Bundeshaushalt. Wir wollen mit einem entsprechenden Energiewirtschaftsgesetz Ökopionieren und Neuanbietern gegen die großen Stromkonzerne eine Chance geben - also David gegen Goliath schützen.