Brauner Talentsucher hinter Gittern

Die NPD will mit einer Demonstration ihrem inhaftierten Bundesvorstandsmitglied Schwerdt huldigen

Die NPD auf Abwegen: Die Neonazipartei sowie deren Jugendorganisation JN planen für den 5. Dezember vor den Toren des Berliner Knasts in Tegel eine Knastkundgebung und einen Aufmarsch für ihren inhaftierten Bundesvorstandsmitgliedes Frank Schwerdt. Mit einer ganzseitigen Anzeige in der parteieigenen Deutschen Stimme und über die Nationalen Infotelefone wird für das Ereignis geworben.

Als Unterstützer zeichnet alles, was Rang und Namen in der Neonazi-Szene hat: NPD- und JN-Bundesvorstand, Freie Kameradschaften, die Kaderorganisation Hilfsgemeinschaft Nationaler Gefangener (HNG), das Norddeutsche Aktionsbündnis von Christian Worch und Thomas Wulff sowie der Thüringer und Fränkische Heimatschutz und das Neonaziradioprojekt im Berliner Offenen Kanal, das Radio Germania. Nicht zufällig handelt es sich hier um die Strukturen, an deren Aufbau der 54jährige Schwerdt zum Teil maßgeblich beteiligt war und in denen er seine engsten Getreuen plaziert hat, so beispielsweise den Radio Germania-Macher Mike Penkert.

Schwerdt ist seit Mitte dieses Jahres in der JVA Tegel inhaftiert. Zunächst sollte er dort eine neunmonatige Haftstrafe absitzen, zu der er gemeinsam mit Christian Wendt und Lutz Giesen wegen "Volksverhetzung" verurteilt worden war. Bei ihm waren mehrere Ausgaben der sogenannten "NS-Schulungsbriefe" gefunden worden, in denen der Holocaust geleugnet wird. Wegen dieser Haftstrafe konnte Schwerdt auch seinen Aufgaben als von der NPD ernannter "Verantwortlicher für Presse- und Propaganda" für den Bundestagswahlkampf nicht wahrnehmen und nur aus dem Knast heraus agieren.

Am 30. Oktober verurteilte das Landgericht Berlin Schwerdt dann zu weiteren sechs Monaten Haft wegen "Gewaltverherrlichung". Er hatte über seinen Verlag mit dem Namen Vortrag, Buch und Reise (VBR) in Berlin-Treptow eine CD der Thüringischen Naziskinheadband Die Volksverhetzer vertrieben. Auf der CD mit dem Titel "Blutrausch" singt die Gruppe, daß man "sich besser fühlt", wenn man "Bunte aufklatscht". Und weiter: "Mitten im Gefecht hörst du auf zu denken, du willst nur noch töten, keiner kann dich lenken."

Schwerdt distanzierte sich während des Prozesses nicht vom Inhalt der CD. Sein Verteidiger, der NPD-Vorsitzende in Mecklenburg-Vorpommern, Hans-Günther Eisenecker, hatte Freispruch gefordert. Schließlich sei "der Titel 'Blutrausch' nicht gefühllos". Der Skin lasse "ja gerade seine Gefühle raus". Zu dem Verfahren war es gekommen, weil im April dieses Jahres die Staatsanwaltschaft neben den Räumen der Band auch die Wohn- und Geschäftsräume von Schwerdt durchsucht und dabei 2 500 Exemplare der CD beschlagnahmt hatte.

Die NPD kann auf Schwerdt nicht verzichten. Der Diplomingenieur, der über die CDU zu den Reps, dann zur Deutschen Liga für Volk und Heimat kam, um schließlich den Verein Die Nationalen zu gründen, hat besonders in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen eine Reihe von sogenannten Unabhängigen Kameradschaften aufgebaut. Diese Gruppen, die bis zur Selbstauflösung der Nationalen im November 1997 deren Struktur angehörten, sind jetzt fast vollständig in die NPD eingegliedert oder ihr zumindest organisatorisch verbunden.

Schwerdt hatte diesen Schritt ausdrücklich bei der Auflösung der Nationalen propagiert - um die Strukturen gegen ein drohendes Verbot zu sichern, in dem er sie in den "Schutz" der Wahlpartei überführte. Er gilt bundesweit als einer der Garanten für die Integration der Unabhängigen Kameradschaften in die NPD. Von ihm und Christian Wendt, dem "Pressesprecher" der Nationalen, war auch die Arbeitsgemeinschaft Nationaler Sozialisten in und außerhalb der NPD (AGNS) gegründet worden, um genau diese Gruppen an die NPD anzubinden.

Ein anderes von Schwerdt initiiertes Projekt ist mittlerweile fast vollständig gescheitert: Die Berlin-Brandenburger Zeitung (BBZ), Kernstück des sogenannten Nationalen Medienverbandes, eine antisemitische und neonazistische Zeitung. Das Blatt, das in unregelmäßigen Abständen aufgetaucht war, hat sein Erscheinen als gedruckte Ausgabe bis auf weiteres offensichtlich eingestellt. Denn mit Schwerdt und Christian Wendt sitzen die beiden Hauptmacher der BBZ zunächst im Knast. Schon im vergangenen Jahr war sie nicht mehr als Papier-, sondern nur noch als Internetausgabe erscheinen. Seit der Inhaftierung Wendts, der auch in Tegel einsitzt, werden die Internetseiten nur noch unregelmäßig aktualisiert.

Das Berliner Bündnis gegen Rechts hat angekündigt, den Naziaufmarsch in Tegel zu verhindern.