Protest gegen Waffenlieferung an Türkei

Volk sticht Fregatte

"Für eine politische Lösung in Kurdistan!" Nur rund 200 Menschen waren es, die sich am Samstag vergangener Woche in Hamburg an einer Demonstration gegen die türkische Regierungspolitik beteiligten. Der Anlaß: Die bevorstehende Auslieferung der auf der Blohm & Voss-Werft für das türkische Militär gefertigten Fregatte "Salihreis".

Organisiert hatte die Aktion das Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung e.V., ein Relikt der Friedensbewegung der achtziger Jahre, mobilisiert hatten 40 Gruppen, unter ihnen DKP und PDS, die Grünen, Friedensinitiativen und Kurdistan-Solidaritätsgruppen. Man hätte also eine große Beteiligung erwarten können, zumal der Fregatten-Kommandant Eser Cimenderoglu vorab genug Grund zum Protest gegeben hatte: "Wir haben unsere besten Leute zusammengezogen, um die 'Salihreis' sofort als unser Flaggschiff nutzen zu können."

Auf den ersten Blick eine gute Vorlage für linken Protest - wäre nicht so laut mit der falschen Begründung geklappert worden. Geradezu inflationär benutzten die Organisatoren in ihrem Aufruf den Begriff "völkerrechtswidrig". So wurde ein "Auslieferungsstopp der Fregatte 'Salihreis'" gefordert, "bis die türkische Regierung die Bedingungen eines völkerrechtlichen Zusammenlebens erfüllt!" Eine Frage drängt sich auf: Wäre denn die türkische Militärdemokratur nicht mehr das repressive, antikommunistische Regime des Militärputsches von 1980, wenn die Regierenden in Ankara das geltende Völkerrecht einhalten würden?

Auf das richtige Anliegen "Schluß mit dem Krieg in Kurdistan" folgte die Forderung nach "unverzüglicher Aufnahme von politischen Verhandlungen mit Vertretern des kurdischen Volkes!" Ohne "Volk" kein Protest, so die Folgerung der Traditionslinken, ohne freilich das beliebte "Völkerrecht" und dessen angebliche Subjekte "Nationen" bzw. "Völker" zu vergessen. Hätte man auf den positiven Bezug auf das "Volk" verzichtet, wäre es sicher einfacher gewesen, linksradikale Kreise einzubeziehen.

Doch die Veranstalter wollten wohl eher imaginäre Massen mobilisieren, die sich lieber an der Rechtschaffenheit von "Völkerrecht" festhalten und einen Kampf für legitimer halten, der im Namen eines "Volkes" anstatt einer sozialen Revolution geführt wird. Das Konzept ist gescheitert. Imaginäre linksdeutsche Massen protestieren nicht, der Grund für die ge-ringe Beteiligung ist in der Ignoranz jeglicher Kritik an der PKK zu suchen.

Viele Linke haben sich aus Aktionen gegen den Krieg des türkischen Staates zurückgezogen, nachdem die Unterstützung der nationalistischen Volksbefreiung der PKK zum Dogma erklärt worden ist. Auch ein mehrmals wiederholter Redebeitrag beschwör "unserer Heimat Kurdistan". Völlig ausgeblendet hatten die Aktivisten dagegen die Kritik an der Geschichte der Kriegswerft Blohm & Voss, obwohl dort 230 U-Boote für die Nazi-Marine gebaut wurden.

Bleibt nun die Hoffnung auf die rot-grüne Bundesregierung, damit Rüstungsexporte an die Türkei gestoppt werden? Wohl kaum. Blohm & Voss konnte auch unter der sozialliberalen Koalition Helmut Schmidts problemlos Fregatten für die Militärdiktaturen in Argentinien und Nigeria bauen. Schließlich, so die Begründung des SPD-Mannes und heutigen Friedensforschers Egon Bahr damals, brauche die BRD "aus sicherheitspolitischen Gründen" deutsche Kriegsschiffwerften, die sich mit Exporten finanzieren müßten.