Home Story

Nimm mich!" tippte ein Redakteur aufs leere Blatt, um den Praktikanten zum Blatt, um den Praktikanten zum Schreiben der Home Story zu animieren. "Nimm mich!" wird auch Monica Lewinsky gerufen haben, um den amerikanischen Präsidenten zu reanimieren. Mit Erfolg, wie sich gezeigt hat.

"Nehmt mich!" habe ich nicht gerufen, sondern sowas Langweiliges wie: Ich möchte mich gerne bei Ihnen um einen Praktikumsplatz bewerben. Das macht natürlich jeder. Genommen haben sie mich trotzdem, aber wahrscheinlich verwechseln mich deswegen immer noch alle mit dem anderen Praktikanten.

Ich laß mir natürlich nichts anmerken und versuche mich irgendwie zu beschäftigen. Sobald nämlich jemand merkt, daß ich nur herumstehe, muß ich gleich Schokolade kaufen oder Verlagsverzeichnisse sortieren.

Dabei kommt das wirklich selten vor, weil sich alle ausreichend mit Schokolade eindecken, um erst gar keine Depressionen aufkommen zu lassen. Und seitdem im neuen Redaktionsraum das große Archiv-Regal steht, gibt es auch nichts mehr zu sortieren.

"Kann ich mehr Geld haben?" So einen Satz kann ich mir nicht erlauben. Naatz darf das. Der kommt ja auch nur einmal die Woche vorbei, um seine Bildchen abzuliefern. Nicht einmal einen 630-Mark-Job will man mir anbieten. Höchstens einen 360-Mark-Job. Den will ich nun wieder nicht.

Dafür nehme ich aber gerne den Sekt. Nur gibt es den nicht, um irgendwelche existentiellen Probleme mit einem Hauch von Luxus hinunterzuspülen, sondern weil einer Geburtstag hat. Das merke ich natürlich viel zu spät. In meiner Umgebung hat ja auch niemand mehr Geburtstag. Seit ich hier arbeite, sind meine sozialen Kontakte völlig eingeschlafen. Das gibt natürlich niemand gerne zu. Sonst gerät man schnell ins Abseits. Da steht ein Praktikant ja ohnehin schon. Wenn man dann an einem Samstagabend auch noch zugibt, daß man sowieso nichts vorhat, ist alles aus. Sofort drehen sich alle zu einem um, als wollten sie sagen: Junge, geh raus, amüsier dich! Hast du keine Freunde?

Ich hoffe nur, daß es den anderen nicht ähnlich geht, und daß sie ihr fehlendes soziales Umfeld nicht durch außergewöhnliche sexuelle Praktiken kompensieren müssen.