Drogenpolitik wie gehabt

Grüne im weißen Kittel

Von

"Die Abhängigkeit von Suchtstoffen ist eine ernstzunehmende Erkrankung. Abhängigen Menschen muß mit den zur Verfügung stehenden medizinischen, therapeutischen und sozialen Mitteln geholfen werden." Wenn die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Christa Nickels, von Drogenkonsum spricht, muß man irgendwie immer an weiße Krankenhauszimmer, Blutdruckmeßgeräte und Notaufnahmen denken. Süchtige, auch alle Raucher also, werden von der ehemaligen Fachkrankenschwester kurzerhand zu therapiebedürftigen Patienten gestempelt.

Es ist natürlich schön, daß die Grünen-Veteranin helfen will. Auch die Grüne Jugend möchte Drogenkonsumenten helfen. Doch bei denen klingt das ganz anders: "Während der LSD-Wirkung ist es wichtig, daß Du Dich in einer Dir angenehmen Atmosphäre aufhältst", rät man da zum Beispiel.

Drogen werden als Genußmittel angesehen - risikobehaftet zwar, aber deshalb nicht gleich zu verteufeln. Die jungen Grünen fordern wie die Jusos die Legalisierung eines jeden Drogengebrauchs. Cannabis, LSD, Ecstasy, Heroin - egal, der Konsum darf nicht bestraft werden, darin sind sich alle fortschrittlichen Drogenexperten einig.

Doch während die Jugendorganisationen der beiden Regierungsparteien sehr weitgehende Forderungen aufstellen, betreibt die Bundesregierung eine Drogenpolitik fast wie zu Eduard Lintners Zeiten. Lediglich der Modellversuch zur kontrollierten Heroinabgabe und die Legalisierung der Fixerräume stehen auf der Tagesordnung. Konzepte, an denen früher oder später auch die alte Regierung nicht vorbeigekommen wäre.

"Hinter den Zahlen", predigt Staatssekretärin Nickels, solle man "die kranken Menschen sehen". Aus dieser Sichtweise heraus habe die neue Bundesregierung das Amt der Drogenbeauftragten vom Innenministerium zum Gesundheitsministerium verlagert. Wenn das wirklich ernst gemeint ist, warum beginnt der Drogenbericht, den Nickels am 1. März vorstellte, dann mit Cannabis, der angeblich "am häufigsten gebrauchten Droge"? Cannabis ist absolut ungiftig, gesundheitliche Schäden sind nicht bekannt, und körperlich süchtig macht es auch nicht. Für die besorgte Stationsschwester gibt es also gar nichts zu tun. Nur für das BKA, von dem die Zahlen im Drogenbericht nach wie vor stammen.

Die Jugend von SPD und Grünen befindet sich drogenpolitisch auf einem ganz anderen Stern als die Regierungspolitik ihrer Oldies. Während sich die ersten aktiv für einen straffreien, risikobewußten und genußvollen Drogengebrauch einsetzen, macht die Grüne im weißen Kittel weiterhin Kanthersche Polizeipolitik. Solange keine Ansätze für eine Legalisierung erkennbar sind, ist jedes Gefasel von Hilfe pure Heuchelei.