Stillegung von AKWs

Grün ist der Wechsel

Jürgen Trittin macht mal wieder von sich reden: Erst kündigt der Umweltminister den nächsten Castor-Transport vom AKW Neckarwestheim zum Zwischenlager Ahaus für Januar an. Dann schreibt er einen "vertraulichen Bericht" an den Kanzler, wonach in den nächsten Monaten sechs Reaktoren abgeschaltet werden müssen, wenn nicht ausreichend Transporte stattfinden. Schließlich trifft er sich mit den Chefs der Stromkonzerne und erklärt hinterher, man sei sich nähergekommen. Zu der für die Atomstromer realen Gefahr der Zwangsstillegung mangels Entsorgung erklärt er: "Diese Probleme werden wir lösen" - zusammen mit den Vorstandsvorsitzenden, versteht sich. Er sehe durchaus technische Möglichkeiten, die Abschalt-Termine hinauszuzögern.

Nochmal, zum Mitdenken: Die angebliche Atomausstiegspartei Bündnis 90/Die Grünen stellt der Bundesregierung den Reaktorminister, um, so könnte man meinen, möglichst viele Reaktoren möglichst schnell vom Netz zu bekommen. Und was macht der vermeintliche Aussteiger? Er sucht technische Möglichkeiten, die Abschalt-Termine für die AKWs hinauszuzögern.

Passend dazu erklärte die energiepolitische Sprecherin der Bundestagsgrünen, Michaele Hustedt, auf einer Veranstaltung des Informationskreises Kernenergie über die "Zukunft der deutschen Kernenergiepolitik": "Die Grünen geben sehr viel, sie helfen bei der Entsorgungsfrage mit Blick auf die Zwischenlager und die Probleme bei den Transporten von radioaktivem Abfall. Wir wollen zur Beruhigung der Situation beitragen, zu mehr Sicherheit bei der Entsorgungsregelung und einem ruhigen Betrieb der Kernkraftwerke in den Restlaufzeiten."

"Grün ist der Wechsel", so hieß der grüne Wahl-Slogan. Endlich mal ein gehaltenes Versprechen! Denn dieser Wechsel ist doch voll und ganz gelungen. Noch 1997 saß fast die gesamte Parteiprominenz in Gorleben vor dem Castor. Jetzt hat man gewechselt: Der grüne Umweltminister betont den Rechtsanspruch der Betreiber auf Atomtransporte, der grüne Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König, wird sie demnächst genehmigen. Und der grüne Polizeipräsident von Münster, Hubert Wimber, muß dann dem staatlichen Gewaltmonopol in Ahaus Geltung verschaffen.

Nervös werden dabei nur die Parteifreunde in Nordrhein-Westfalen. Dort sind im kommenden Mai Landtagswahlen, und da paßt ein Castor-Transport ins münsterländische Zwischenlager nicht so ganz ins Wahlkampfkonzept. Deshalb haben sie Widerstand angekündigt. Nicht etwa im Parlament oder in der Partei. Nein, sie drohen dem Minister, dem Bundesamts- und dem Polizeipräsidenten mit "bürgerkriegsähnlichen Zuständen" in Ahaus.

Wenn es also drauf ankommt, dann ist in der Atompolitik das Agieren auf Straßen und Schienen doch das effektivere Mittel. Zur Erinnerung: Sechs AKWs müssen innerhalb von zwölf Monaten vom Netz, wenn nicht genügend Transporte rollen.

Na, auch für den Atomausstieg? Dann wird es langsam Zeit, die Sachen zu packen. See you, spätestens im Januar in Neckarwestheim oder Ahaus.