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Einer muss es ja wenigstens gut haben. Braun gebrannt, das Kind wieder gesund, gesund, kam unser Geschäftsführer am Montag von der Insel zurück. Ja, ja, es gibt auch unter uns Leute, die freiwillig nach Mallorca fliegen. Und das im Winter, wo doch der Ballermann dicht hat.
Andere gehen - ebenso freiwillig - zur Party der Antifaschistischen Aktion Berlin ins SO 36. Furchterregend revolutionäre Musik, der obligatorische Polizeieinsatz - und natürlich Cocktails. Politik und Lifestyle eben. Oder sollte das nicht beides einst abgeschafft werden? Aber weil es in der Kreuzberger Kiezdisko gemeinhin heißer ist als auf Mallorca, durfte nur trumpfen, wer mit der entsprechenden Marken-Unterwäsche aufwarten konnte.
Überhaupt gehen bei Fragen des guten Geschmacks die Ansichten weit auseinander. Würden Sie zum Beispiel eine Einbau-Küche aus Resopal einem realsozialistischen Produkt vorziehen? Natürlich nicht. Könnte man meinen. Doch selbst bei dieser eigentlich selbstverständlichen Antwort gibt es hartnäckige Minderheitspositionen in der Redaktion. Natürlich werden sie nur anonym geäußert.
Über was soll man sich in einer Redaktion noch wundern, in der das ästhetische Empfinden im neuen Jahrtausend endgültig auf den Hund gekommen ist? Kaffee wird nur noch aus durchsichtigen Plastikbechern getrunken; die Produktion bevorzugt Käse aus der authentischen PVC-Packung; die Anzeigenabteilung empfiehlt deutschen HipHop zur Beschallung der nächsten Geburtstagsparty und in der Ecke treibt unsere Gen-Tomatenpflanze seltsame Blüten.