BKA und Wehrwolf-Listen

Fürchtet Euch nicht!

Als im Dezember vergangenen Jahres das Anti-Antifa-Heftchen Wehrwolf erschien, sorgte dessen Inhalt für erheblichen Wirbel. Rund 200 Namen, Anschriften und Telefonnummern von Bundestagsabgeordneten, jüdischen Gemeinden und Kontaktpersonen für linke Organisationen waren darin zu lesen, verbunden mit der Aufforderung: »Voran Wehrwölfe der Tat: Vereint gegen Rotfront, Dämocraten und Zionisten!«

Während die Betroffenen von antifaschistischen Gruppen informiert wurden und Journalisten über die Sache aufklärten, übten sich die Sicherheitsbehörden in Zurückhaltung. Schließlich hätten ja derartige neonazistische Datensammlungen noch keine Angriffe zur Folge gehabt, hieß es etwa beim Verfassungsschutz.

Eine jetzt bekannt gewordene Bewertung des Wehrwolf durch das Bundeskriminalamt (BKA) macht deutlich, dass dort offenbar Unfähigkeit mit Unwillen, die Bedrohung durch militante Rechtsextreme ernst zu nehmen, Hand in Hand gehen. Erste Hinweise auf die Existenz des Heftchens lagen den Strafverfolgern in Nordrhein-Westfalen bereits im November vor - fast einen Monat, bevor die Publikation erstmals öffentlich wurde. Damals wurden drei Rechtsextreme auf dem Rückweg aus den Niederlanden, wo das Postfach für den Wehrwolf betreut wird, an der deutschen Grenze angehalten. Im Wagen wurde ein Exemplar der Schrift gefunden. Warnungen an die in der Publikation genannten potenziellen Opfer hielt man bei den Sicherheitsbehörden nicht für nötig.

Da verwundert es auch nicht, dass dem BKA eine »Anti-Antifa Saarpfalz« nicht bekannt sein soll. Schließlich müsste man dafür den Jahresbericht 1998 des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes lesen. Dort wird unter dem Stichwort Anti-Antifa u.a. die Anti-Antifa Kurpfalz genannt, die in zahlreichen Szenepublikationen im Herbst vergangenen Jahres ihre Umbenennung in »Anti-Antifa Saarpfalz« bekannt gab. Aber da das BKA auch keine Übereinstimmung mit einer unter dem Label »Anti-Antifa Kurpfalz« im September 1999 veröffentlichten Liste von rund 40 PDS- und SPD-Abgeordneten sowie AntifaschistInnen erkennen konnte, gibt es eben keinen Grund, Kontinuitäten festzustellen.

Um möglicherweise aufgebrachte Parlamentarier zu beruhigen, schob das BKA gleich noch die Bewertung hinterher: »Der Abteilung liegen keine Erkenntnisse vor, dass es im Zusammenhang mit derartigen Schriften bzw. Sammlungen von Daten 'potenzieller Gegner' der rechtsextremistischen Szene zur Verübung von schweren Straftaten gekommen ist.« Mit einer winzigen Einschränkung, ganz im Sinne des konservativen Anti-Antifaschismus: »So hatten die seit einigen Jahren immer wieder erschienenen Sammlungen von Namen, Adressen und Lichtbildern von politischen und sog. verbeamteten Gegnern lediglich zu Straftaten auf lokaler Ebene zum Nachteil von Personen des linken Spektrums geführt, die wiederum im Zusammenhang mit entsprechenden linksextremistischen Aktionen (siehe Namensgebung 'Anti-Antifa') stehen.«

Wen das immer noch nicht beruhigt, dem seien noch die Schlussfolgerung des BKA unters Kopfkissen gelegt. Die Behörde will festgestellt haben, dass die Liste »allenfalls vage Bezüge zu den klassischen Feindbildern der rechtsextremen Szene« aufweist. Insofern sei nicht von einer »konkreten Angriffsabsicht« auszugehen. Also, tief ein- und ausatmen, entspannen und beruhigt zurücklehnen, liebe AntifaschistInnen; allenfalls euch könnte der rechte Terror treffen. Beruhigende Aussichten angesichts von über 100 toten Opfern rassistischer und rechtsextremer Angriffe in den letzten zehn Jahren.