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Kennen Sie »Marathon«? Nein, ich meine weder den Ort noch dieses Event, bei dem sich Hunderttausende auf der Suche nach Endorphin-Ausschüttung zusammenfinden, sondern das legendäre Action-Ballerspiel, das Ridley Scotts »Alien«-Folgen perfekt adaptiert hat. Da hat's jedenfalls Aufzüge, die so klingen, als würden sie direkt in die Hölle fahren.

Seit Dienstag vergangener Woche klingt der Fahrstuhl im Hof der Bergmannstraße 68, sonst eher so der gemütliche Lastenaufzug von nebenan, genauso wie einer aus »Marathon«.

Das allein hätte mich nicht erschüttert. Aber als einer der wenigen Daheimgebliebenen machte ich mir doch Sorgen um meine Gesundheit, als ich aus einem sintflutartigen Regenguss endlich Zuflucht im Aufzug fand. Was würde passieren, wenn der Aufzug stecken bliebe? Wen sollte ich um Hilfe anrufen? Die Hotline des Herstellers oder doch lieber die von »Marathon«? Und hatte mein Mobiltelefon das Unwetter überhaupt überlebt? Eine Lungenentzündung war mir auf jeden Fall sicher.

In den Räumen unterm Dach angekommen, empfing mich eine wohlige Schwüle. Die zentrale Dampfstrahlheizung gab unkontrollierbar ihre Wärme ab. Ein Gefühl wie beim Ausstieg aus dem Flugzeug in tropischen Ländern. Die Temperaturregelung beschränkte sich auf das Öffnen und Schließen der Fenster. Brillante Voraussetzungen für ein entspanntes Arbeiten.

Aber erstmal klingelte das Telefon. Jemanden von der »Innenpolitik«, tut mir leid, die weilt gerade in Italien. - Was sie da macht? Arbeiten natürlich. - Und wer die Arbeit vor Ort übernimmt? Das verstehe ich nicht, ich sagte doch bereits - ja, komplett in Italien - nun werden Sie doch nicht ausfallend - aber ich bitte Sie!

Es sollte nicht das letzte Telefonat dieser Art sein.

Beim Login an meinem Lieblingsarbeitsplatz war fast alles beim alten. Aber warum war nur keiner der Rechner im lokalen Netz zu erreichen? Ein paar Stecker ausgetauscht, den Verlauf von mehreren Hundert Metern Ethernet-Kabel ermittelt, eine Handvoll Bildschirme angeschlossen, und auch diese Frage konnte geklärt werden.

An Arbeit war an diesem Dienstag nicht mehr zu denken. Die Brillengläser beschlugen fortwährend, die Grippe bahnte sich langsam ihren Weg, und selbst das Robert-Kurz-Plakat schaute trauriger als sonst.