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Der hektische Redaktionsalltag lässt auf die Dauer niemanden unbeschädigt. Wird der Stress zu groß, neigen viele zu unerklärlichen Verhaltensweisen. Und alle kompensieren die gewaltigen Belastungen auf ihre Art. So schreiben die diszipliniertesten Redakteure ihre Kommentare, während sie nebenbei die neuesten Computerspiele testen. Andere fangen während einer Konferenz unvermittelt zu kichern an. Manche führen den ganzen Tag über Selbstgespräche oder beschimpfen ohne Grund mitten im Gespräch ihre Autoren am Telefon.

Doch besonders beliebt ist das Schreiben von Handy-Kurznachrichten. Während manche im Lauf des Tages immerhin noch einige zusammenhängende Sätze von sich geben, kommunizieren andere nur noch über SMS. Das manische Verhalten fällt zuerst durch Banalitäten auf. Statt die Kollegen vom Nebentisch nach der aktuellen taz zu fragen, wird ihnen eine Kurznachricht geschickt. Anschließend werden Gespräche mit fadenscheinigen Begründungen brüsk abgebrochen. »Wir diskutieren das besser per SMS.«

Komplizierter wird es, wenn Kollegen ihre gesamte Arbeit auf diese Weise erledigen wollen. Besonders das Eintippen und Versenden der Dossiers hat sich dabei als sehr zeitaufwendig erwiesen. Auf vorsichtige Hinweise, dass die Arbeit doch auch schneller erledigt werden könnte, reagieren die Kollegen dann sehr allergisch. »ŸÝ• þœ¿×˜« ist noch das Harmloseste, was auf dem Display zu lesen ist. Manchmal werden aber auch ausführliche Begründungen verschickt. »Verdirb mir nicht den einzigen Spaß, den ich noch habe.« Vorschläge, die gesamte Zeitung auf SMS umzustellen, haben derzeit zwar keine Chance. Aber wie lange noch? Nach Meinungen unserer Experten schaffen Könner täglich bis zu 1 000 SMS.