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Schwarze Kutten, düster dreinschauende Gestalten mit hübsch aufgerichteten Haaren, kunstvoll geschminkte Gesichter oder eine klitzekleine Ratte. Nichts dergleichen konnte man letzten Dienstag bei der Jungle-World-Veranstaltung bewundern. Wie gerne hätten wir Ihnen den voyeuristischen Blick ermöglicht.

Thema des Abends war allerdings auch nicht das Styling einer mysteriösen Subkultur. Stattdessen sollte der rechte Kulturkampf in der Darkwave-Szene kritisiert und diskutiert werden. Dass die kahlköpfigen Kulturkämpfer nicht persönlich erschienen, ersparte aufreibende Rausschmisse und anderen Ärger.

Doch auch die Liebhaber des Düstersounds tauchten bedauerlicherweise fast nur incognito auf. Hätten sie sich nicht demonstrativ in die ersten Reihen gesetzt, sie wären vermutlich am Ende einfach wieder unerkannt in der Nacht verschwunden.

In ihrer exponierten Position konnten sie jedoch kaum eine Regung verbergen. Dem authentischen Darkwaver war der ganze Kram von wegen Kritik und Antisemitismus und Rechte suspekt. Musik, Musik, Musik, darum geht es doch eigentlich. Das nervöse Scharren spitzer Schnallenschuhe drang durch das Mikro bis in die letzte Ritze des Raumes. Kein falsches Wort über die Lieblingsband. Erst recht nicht über die Fans. Missliebige Töne schlugen sich sofort auf den ungeschminkten Gesichtern nieder. Empörung konnte man darin lesen: zu hart, zu platt, zu intolerant.

Viel zu lasch, zu platt und zu tolerant, meinten andere. Sie schimpften mächtig auf die irrationalen Spinner und Romantizisten mit ihrem antimodernen Gestus.

Und wie lösen wir den Widerspruch auf? Aussage gegen Aussage, und alle sind schlecht gekleidet. Nur einer nicht: ein Referent. Der musste dafür bitterlich frieren. Er wollte sich sein prima Outfit - hochgeschnürte schwarze Lackstiefel, einen sehr kurzen und sehr engen Rock und ein hauchdünnes Netzhemd - nicht von einem schnöden Wollpulli zerstören lassen. Und für so viel schönen Schein bekommt er sicher irgendwann den 'Jungle Fashion Award'.