Der Nahost-Konflikt wird internationalisiert

Putin punktet

Während der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern zunehmend eskaliert, will nun der russische Präsident Wladimir Putin wenigstens einen Teil des verlorenen russischen Prestiges als Ordnungsmacht im Nahen Osten zurückgewinnen. Nachdem die Hauptvermittlungsmacht USA ihr Image als »ehrlicher Makler« längst eingebüßt hat, versucht Putin jetzt, die Gunst der Stunde zu nutzen. Vergangenen Freitag empfing er Yassir Arafat in Moskau.

Russlands Präsident konnte dabei zumindest einen symbolischen Erfolg verbuchen: Er vermittelte ein längeres Telefonat zwischen dem Palästinenserchef und Israels Premier Ehud Barak. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass die Beteuerungen beider Konfliktparteien, alles zur Beendigung der gewaltsamen Auseinandersetzungen zu tun, tatsächlich spürbare praktische Folgen zeitigen werden. Doch immerhin schaffte es Putin, dass Arafat und Barak das erste Mal nach über drei Wochen offiziell wieder miteinander geredet haben. Schon verlautete aus Israel, dass Außenminister Shlomo Ben-Ami diese Woche ebenfalls nach Moskau reisen werde.

Auch wenn Putin sich gegenüber Arafat betont neutral präsentierte, ist die Aufwertung Russlands ganz im palästinensischen Sinne, gilt es doch den Konflikt zu internationalisieren. Dabei konnte er nunmehr schon in verschiedenen Richtungen Erfolge verbuchen. Die EU-Staaten demonstrierten ihre Ansprüche durch die Gastgeberschaft Frankreichs bem Pariser Gipfel Mitte Oktober (Jungle World, 43/00). Und Deutschlands Bundeskanzler unternahm im November eine Nahostreise, während der er offiziell immer wieder betonte, dass sein Land sich nicht als Vermittler sehe. Doch wegen des freundlichen Empfangs in allen Ländern der Region konnte Schröder, ohne wirklich aktiv zu vermitteln, den Eindruck erwecken, dass Deutschland als Vermittler beteiligt werden könnte - wenn es denn wollte. Wie schon auf dem Balkan scheint der Weg von der »historisch begründeten Zurückhaltung« zur »historisch begründeten Verantwortung« vorgezeichnet.

In der arabisch-muslimischen Welt schließlich ist die Tendenz zwar uneinheitlich, doch selbst Ägypten, der einzige arabische Staat, der bereits seit über 20 Jahren diplomatische Beziehungen zu Israel unterhält, hat Anfang vergangener Woche bis auf weiteres seinen Botschafter aus Tel Aviv zurückbeordert. Andere Länder, wie etwa Tunesien und Katar, haben ihre - allerdings ohnehin minimalen - Handelsbeziehungen zu Israel eingefroren.

In Israel hingegen sorgt man sich um die Beziehungen zum Weißen Haus. Hatten die USA noch nach dem gescheiterten Camp-David-Gipfel vor allem Arafat kritisiert, so versetzte die Enthaltung Washingtons Anfang Oktober bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat über eine Resolution, in der der »exzessive Einsatz von Gewalt gegen Palästinenser« gegeißelt wurde, der israelischen Öffentlichkeit den ersten Stich. Vergangenen Dienstag dann benutzte der Sprecher des State Departments, Richard Boucher, in einem eigenen Statement eine ähnliche Formulierung: Die Israelis müssten verstehen, dass der »Einsatz exzessiver Gewalt nicht der richtige Weg« sei. Einen Tag später schließlich lehnte US-Außenministerin Madeleine Albright zwar die Stationierung von UN-Truppen in den palästinensischen Gebieten ab, meinte aber, es gebe »Diskussionen über eine Beobachterpräsenz«. UN-Generalsekretär Kofi Annan wirbt schon länger für eine solche Beobachtermission und auch Russland und die EU wären nicht abgeneigt.

Sollte nun auch der wichtigste Verbündete Israels auf diese Position einschwenken, wäre Israel, das eine solche Mission erst nach dem Abschluss eines Friedensabkommens erwägen will, endgültig isoliert. Arafat hingegen hätte damit sein erstes Etappenziel erreicht.