Harte Strafen bei Verstößen gegen die islamistische Moral

Quelle der Korruption

Das iranische Regime bestraft Verstöße gegen die islamistische Moral drakonisch. Doch die Gesetzgebung fördert die Prostitution.

Nach der Wiederwahl des Präsidenten Mohammad Khatami (Jungle World, 25/01) ist von einer Liberalisierung im Iran wenig zu spüren. 50 Männer und Frauen, so berichtete eine iranische Regierungszeitung, wurden am vergangenen Mittwoch in Teheran ausgepeitscht. Die in der Woche zuvor bei einer Party Festgenommenen hätten in »obszöner« Weise getanzt, viele seien »halb nackt« gewesen.

Auch die archaische Hinrichtungsmethode der Steinigung wird weiterhin praktiziert. Am 21. Mai wurde eine 35jährige Frau im Evin-Gefängnis in ein weißes Tuch gewickelt und bis zum Hals in der Erde eingegraben. Beamte der Islamischen Republik Iran führten dann auf Anordnung eines Richters die Steinigung durch. Die Frau, deren Name nicht bekannt gegeben wurde, war von der islamistischen Justiz wegen Ehebruchs verurteilt wurden. Neben Afghanistan und Saudi-Arabien kennt nur der Iran die Steinigung als gesetzliche Strafe für Homosexualität und Ehebruch .

In Artikel 102 des iranischen Strafgesetzes heißt es: »Bei der Steinigung wird der Mann bis zum Gürtel und die Frau bis zur Brust in eine Grube eingegraben. Dann wird die Steinigung vollstreckt.« Dem Mann gewähren die Sittenpolizisten damit eine Fluchtmöglichkeit, der Frau aber nicht. Gelingt dem Mann die Flucht, bestimmt Artikel 103, »so wird er, falls der unerlaubte Geschlechtsverkehr durch Zeugen bewiesen wurde, zur Vollstreckung zurückgebracht. Wurde dieser jedoch durch ein Geständnis bewiesen, so wird er nicht zurückgeholt.« Es ist nicht erwünscht, dass die Verurteilten schnell sterben: »Die Steine dürfen bei einer Steinigung nicht so groß sein, dass die Person getötet wird, wenn sie von einem oder zwei davon getroffen wird und auch nicht so klein, daß man sie nicht mehr als Steine ansehen kann« (Artikel 104).

Nach Angaben von Mina Ahadi, der Koordinatorin des Internationalen Komitees gegen Steinigung, sind derzeit drei Frauen wegen »Sexualdelikten« von der Steinigung bedroht. Die Namen zweier dieser Frauen wurden veröffentlicht: Schahla und Mariam Aiubi. Nicht alle Steinigungen werden offiziell bekannt gegeben. So liegen Amnesty International für die Jahre 1998 bis 2000 keine eindeutig dokumentierten Fälle vor, iranische Exilorganisationen gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. Nach Angaben der Zeitschrift Emma (Juli/August 2001) sind in den letzten vier Jahren mindestens 20 Frauen und Männer gesteinigt worden. Im Vergleich zu den frühen neunziger Jahren werde diese Strafe unter den islamistischen »Reformern« sogar verstärkt angewandt.

Verhaftete Frauen, die nicht zum Tode verurteilt wurden, sehen wegen Vergewaltigungen und Folter im Gefängnis häufig den Selbstmord als einzigen Ausweg. Wie die staatliche Zeitung Teheran Times zugab, verbrannten sich im April dieses Jahres drei Studentinnen im iranischen Evin-Gefängnis. Sie waren 1993 wegen »Landstreicherei und Drogensucht« verhaftet worden.

In einem offenen Brief an die Parteivorsitzende der Grünen, Claudia Roth, kritisiert Mina Ahadi vor diesem Hintergrund, »dass die deutsche Regierung und die Grünen alles versuchen werden, um dieses Regime im Iran zu retten«. Um machtpolitische und geschäftliche Interessen voranzubringen, wird der »Reformer« Khatami unterstützt. Doch Khatami steht nicht nur für die Unterdrückung jeder nicht islamistischen Opposition, sondern auch für eine Beibehaltung der Körperstrafen und der gesetzlichen Diskriminierung der Frauen.

In der patriarchalen iranischen Kultur, so Nayereh Tohidi, Dozentin an der University of California, herrscht ein doppelter Standard in der Sexualmoral. Frauen würden daher weit häufiger als Männer wegen Sexualdelikten angeklagt, zudem gebe es »eine Besessenheit von sexuellen Vergehen als - vom Standpunkt der Geistlichkeit - wichtigster Quelle der Korruption in der Gesellschaft«.

Die Doppelmoral wird in der islamistischen Diktatur staatlich kultiviert. Gestattet sind Polygamie und Zeitehe, Mullahs dürfen Mädchen ab neun Jahren verheiraten, wenn deren Väter es erlauben. Also wächst der Mädchenhandel mit den arabischen Golfmonarchien. Die Institution der Zeitehe legalisiert die Prostitution, wenn sie unter der Kontrolle der Geistlichkeit stattfindet. Ein Mullah kann seine Glaubensbrüder für einige Stunden oder Tage mit einer Frau oder einem Mädchen verheiraten. Frauen, die sich auf eigene Rechnung prostituieren, droht dagegen die Todesstrafe. In der Regel sind es Frauen und Mädchen aus verarmten Familien, die für sexuelle Dienstleistungen zu Verfügung stehen müssen. Nach einer religiös legitimierten Zeitehe ist die illegale Prostitution meist unausweichlich.

Neben der Justiz des khomeinistischen Gottesstaates müssen tatsächliche und vermeintliche Prostitutierte auch außergerichtliche Verfolgung fürchten. Nach Angaben von Mina Ahadi wurden in den letzten sechs Monaten annähernd vierzig nach dem selben Schema ermordete Frauen tot auf den Straßen verschiedener iranischer Städte gefunden. Ob die Täter in direktem Auftrag des Regimes handelten oder nicht, die unaufgeklärte Mordserie ist die Fortsetzung des staatlichen Tugendterrors.

Dem islamistischen Regime gelingt es immer weniger, der Gesellschaft seine Moralvorstellungen aufzuzwingen. Neben der Prostitution breitet sich auch die Heroinsucht im Lande aus. Im Iran, dem Transitland des Drogenhandels zwischen Asien und Europa, sind nach offiziellen Schätzungen 1,5 Millionen der 63 Millionen Einwohner von harten Drogen abhängig. Dr. Gholam-Reza Ansari, der Leiter der staatlichen Wohlfahrtsorganisation, spricht von sechs Millionen Drogenbenutzern und schätzt, dass ihre Zahl um 600 000 pro Jahr steigt. Zwei Drittel von ihnen seien Frauen.

Auch hier geht das islamistische Regime mit drakonischen Maßnahmen vor. Auf den Besitz von fünf Gramm Heroin oder fünf Kilogramm Opium steht im Iran die Todesstrafe, im Juni wurde ein 14jähriger Pakistani wegen Drogenhandels zum Tode verurteilt. Die staatliche Nachrichtenagentur Irna meldete Ende Juni, bei einer viertägigen Razzia seien 11892 Drogenhändler und -süchtige festgenommen worden. Neun Händler wurden bei der Aktion getötet und 884 Kilogramm Drogen beschlagnahmt.

Einige Beobachter fürchten jedoch, dass die Mullahs mit ihrer Kampagne lediglich den Drogenpreis hochtreiben wollen. Der Schmuggel mit anderen verbotenen Gütern wie Alkohol und Satellitenschüsseln ist ein einträgliches Geschäft. »Ohne die Beteiligung einiger Regierungsinstitutionen«, so der Iran-Experte Sadeq Saba, sei »eine so große Schmuggeloperation fast unmöglich«.

Auch die Versorgung von Millionen Drogenbenutzern - der tägliche Opiumkonsum in Teheran wird auf fünf Tonnen geschätzt - ist ohne die Duldung staatlicher Stellen kaum denkbar. Schon zur Zeit des Schah-Regimes waren Teile des Staatsapparats in Drogengeschäfte verwickelt. Diese Tradition wird unter den Mullahs fortgesetzt.

Internationales Komitee gegen Steinigung im Internet: www.geocities.com