Kongo wirbt um Investoren

Nachhilfe von Kabila

Das Regime der DR Kongo bemüht sich weiter um das Vertrauen westlicher Investoren. Die gescheiterten Friedensgespräche spielen dabei eine untergeordnete Rolle.

Frieden und Investitionen, so Joseph Kabila, seien wie Geschwister. »Wenn sie gemeinsam zur Schule gehen, wird man einen von ihnen nicht daran hindern, sich zu entwickeln, nur weil der andere nicht Schritt halten kann.« Als der Staatschef der Demokratischen Republik Kongo der Nachrichtenagentur Allafrica diese Erkenntnisse ins Diktiergerät sprach, betreute er in Philadelphia gerade fürsorglich den Teil des Geschwisterpaares, der sich derzeit ganz gut macht. Anlässlich eines vom US-amerikanischen Corporate Council on Africa organisierten Wirtschaftsgipfels präsentierte sich Kabila Anfang des Monats einmal mehr als Gewährsmann interessierter Anleger.

Zu den seit zwei Jahren vorbereiteten Friedensgesprächen in Addis Abeba, die Mitte des vergangenen Monats ergebnislos abgebrochen wurden, reiste Kabila hingegen gar nicht erst an. Die Delegation seiner Regierung verließ zur Überraschung des Vermittlers Ketumile Masire bereits nach fünf Tagen die Hauptstadt Äthiopiens. Zivile und militärische Oppositionsgruppen bezichtigten die Regierungsseite, sich »heimlich in der Nacht« davonzustehlen, und machten sie für das Scheitern des Kongo-Dialogs verantwortlich.

Die Gespräche in Addis Abeba sollten, so sah es das Lusaka-Abkommen aus dem Jahre 1999 vor, den Weg bereiten für eine weithin akzeptierte Zentralregierung des drittgrößten afrikanischen Landes und so dessen faktische Teilung überwinden. Nach dem Zusammenbruch des Mobutu-Regimes 1997 ist das ehemalige Zaire in mehrere Zonen zerfallen. Während im Osten und Norden des Kongo verschiedene Rebellengruppen, unterstützt von den Regierungen aus Uganda, Ruanda und Burundi, eine Kriegsökonomie aufgebaut haben, halten die Reste der Regierungsarmee mit militärischer Hilfe aus Angola und Zimbabwe den Westen und Teile des Südens.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk schätzt die Zahl aller Flüchtlinge in der Region auf fast zweieinhalb Millionen. Ebenso viele Menschen, so das International Rescue Committee, sollen seit 1998 umgekommen sein.

Überwiegend Sicherheitsinteressen motivierten Uganda und Ruanda 1996, eine Koalition verschiedener Rebellengruppen zu schaffen, die mit Unterstützung der USA - dem bis dato wichtigsten Bündnispartner Mobutus - die Reste des Staatsapparates in Kinshasa übernahm. Der Führer dieser Koalition und neue Staatschef, Laurent-Désiré Kabila, sah sich jedoch nach kurzer Amtszeit seinerseits einem Aufstand der ehemaligen Verbündeten ausgesetzt, der nur durch die Intervention von Truppen aus Angola und Zimbabwe begrenzt werden konnte.

Einiges spricht dafür, dass sich an der zweiten Kongo-Invasion wiederum US-amerikanische Militärs und Geheimdienste beteiligten, wie der Journalist Wayne Madsen im Mai vor einem Untersuchungsausschuss des US-Kongresses darlegte. Das Ziel der Operation war, Kabila Senior durch »jemanden, der sich serviler verhält« (Madsen) zu ersetzen, nachdem sich dieser durch eine erneute Ausschreibung bereits vergebener Bergbaulizenzen, die Ausweisung ranghoher ruandischer Militärs und Pogromhetze gegen Bevölkerungsgruppen im Osten Kongos als unberechenbar erwiesen hatte.

Doch nicht ein militärischer Sieg, sondern der bisher nicht aufgeklärte Mord an Kabila im Januar dieses Jahres machte den Weg dahin frei. Die nach dem Amtsantritt seines Sohnes Joseph forcierte wirtschaftliche Liberalisierung des ressourcenreichen Landes fand den Beifall sowohl der internationalen Finanzorganisationen als auch westlicher Regierungen und interessierter Investoren.

Das hohe Risiko möglicher Investitionen relativiert sich angesichts der in Aussicht stehenden Gewinne. Der Bergbaukonzern American Mineral Fields will zum Beispiel im Süden des Kongo zusammen mit dem kongolesischen Staatsunternehmen Gecamines und dem Konglomerat Anglo-American das nach eigenem Bekunden größte Bergbauvorhaben des Kontinents außerhalb Südafrikas umsetzen. Siemens rechnet mit lukrativen Aufträgen bei Reparatur und Ausbau des Wasserkraftwerks Inga. Ein Team des Konzerns schätzt die dort notwendigen Investitionen auf eine Milliarde Dollar.

Die Rechtfertigung der Geschäftspartner aus dem Westen, man handele schließlich mit der »legitimen Regierung« des Kongo, gilt allerdings nicht für die Konkurrenz aus Zimbabwe. Dessen militärisch-wirtschaftliches Establishment macht sich Hoffnungen auf schnelle Gewinne aus Bergbau- und Holzschlaglizenzen zur Entschädigung für die Entsendung von 12 000 Soldaten. Anders als für westliche Konzerne ist für den Neuling im Kongo-Geschäft eine militärische Absicherung seiner Claims unumgänglich. Angesichts des langsam an Fahrt gewinnenden Abzugs der Interventionsarmeen, der 1999 in Lusaka vereinbart worden war, könnte man sich in Harare verspekuliert haben.

Nach Informationen der UN-Mission Monuc, die den Waffenstillstand und den Rückzug überwachen soll, hat Namibia seine Soldaten nahezu vollständig zurückgerufen. Auch ein beschleunigter Rückzug der Truppen aus Uganda sei zu beobachten, allerdings wolle dessen Regierung mindestens drei Bataillone bis zu einem Friedensschluss im Osten Kongos stationiert lassen. Den gemeldeten Rückzug von 4 000 Soldaten aus Zimbabwe müsse die Monuc noch überprüfen. Ruandas Armee habe die besetzten Gebiete bisher nicht verlassen.

Anfang November beschloss der Sicherheitsrat der UN, die Truppenstärke der Beobachtermission von derzeit rund 2 400 Soldaten in den nächsten Monaten vor allem in der Stadt Kisangani zu erhöhen. Darüber hinaus sollen ab Mitte nächsten Jahres etwa 2 000 UN-Soldaten in Kindu den vollständigen Rückzug und die freiwillige Entwaffnung aller Milizen überwachen.

Trotz überaus optimistischer Töne aus dem UN-Sicherheitsrat ist die Befriedung der Region um die großen Seen durch die Monuc fraglich. Derzeit ist unklar, ob die regionalen und internationalen Akteure überhaupt ein Interesse an der Überwindung der faktischen Teilung des Kongo haben. Im Norden des Landes drohen neue Kämpfe. Die Rebellen der MLC und RDC-Goma planen, mit einer gemeinsamen Truppe von 4 100 Soldaten die »negativen Kräfte« - mit der Regierung in Kinshasa verbündete Milizen - gewaltsam zu entwaffnen.

Verhandelt werden soll auch noch. In Südafrika, Anfang nächsten Jahres, vielleicht.