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Puh! Gerade nochmal Glück gehabt! Der Zug taucht aus dem Eurotunnel auf, die Insel ist erreicht. Um ein Haar wären wir in diesem Jahr in einem Katastrophengebiet aus Stockfisch, Korkeichen, billigem Porter und sonnenölverschmierten Sandstränden gelandet. Erst in allerletzter Minute setzte sich doch noch die Vernunft durch, die Tickets nach Lissabon wurden zurückgegeben, und ein nettes Häuschen an der britischen Côte d'Azur wurde gebucht.

Jetzt noch schnell auschecken und mit unseren drei Transportern in die linke Fahrspur einfädeln. Am zweiten Roundabout geht's links ab in Richtung Cornwall. Durch die geöffneten Fenster strömt die herrlich feuchte Luft ins Wageninnere. Mit jedem Atemzug saugen wir die Vorzüge dieses Landes in uns auf. Hier wurden die Popmusik und der Fußball erfunden, James-Bond-Filme sieht man überall auf der Welt und der Humor ist so trocken wie ein Wodka-Martini - geschüttelt, nicht gerührt. Einzigartig sind hier auch die Gewerkschaften, das Gesundheitssystem und das Königshaus. Ganz zu schweigen vom britischen Bier.

Kulinarisch kommt sowieso niemand an England vorbei. Wo sonst wird rohes Rindfleisch in Blätterteig mit Pfefferminzsoße schon zum Mittag serviert? Franzosen, mit eurer faden Bouillabaisse und eurem langweiligen B¦uf Bourgignon habt ihr gegen in Essig und Kresse eingelegte hart gekochte Eier keine Chance! Ihr seid zwar Fußballwelt- und -europameister, habt aber Deutschland nie so vernichtend geschlagen wie god's owen country.

Egalité, fraternité, totalité? Von wegen! Hier machen die Pubs schon um elf Uhr zu. Damit man am nächsten Tag wieder ausgeschlafen an der Zeitung arbeiten oder in den coolen Boutiquen Londons shoppen gehen kann. Denn wer will schon so aussehen wie die Leute auf einem Pariser catwalk? Zwar hat England fast ebenso viele Trotzkisten wie Frankreich, doch haben die Engländer es immerhin geschafft, die trotzigen Schotten zu unterwerfen. Das ist zwar lange her, aber was ist mit Korsika?

Nach einer erschöpfenden Debatte über New Labour in der Kneipe an der Ecke torkeln wir müde nach Hause, schenken uns noch einen Gin-Tonic ein und freuen uns schon darauf, dass morgen die Sun wieder erscheint.