Das Bündnis für Arbeit ist vorerst gescheitert

Placebo für die Basis

Die achte Runde im Bündnis für Arbeit ist ohne die von Kanzler Gerhard Schröder und den Arbeitgebern gewünschten Leitlinien für moderate Lohnabschlüsse bei der kommenden Tarifrunde beendet worden. Der Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sieht einen Boykott durch die Gewerkschaften, der DGB-Vorsitzende Dieter Schulte dagegen wirft den Arbeitgebern eine Verweigerungshaltung vor.

»Das Bündnis ist tot«, sagt Schulte. Schlägt er damit eine neue Tonart an? Nein, er sagte das schon 1996, als das Bündnistreffen noch bei Helmut Kohl stattfand. Und das schon damals zu Recht. Denn die freiwillige Zurückhaltung bei den Lohnverhandlungen und die Hinnahme der Kürzung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe wurde nie mit der versprochenen Gegenleistung belohnt: mit der Halbierung der Arbeitslosenquote. Was die Arbeitgeber an weiteren Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen auf Bundesebene nicht durchsetzen konnten, haben betriebliche und regionale Bündnisse für Arbeit erledigt.

Und dennoch sagte der IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel 1998 genauso wie im Jahr 2000, er sei bereit zu erneuten Bündnistreffen, auch zu Tariferhöhungen, die geringer ausfallen als der Produktivitätszuwachs - trotz der Kritik der Gewerkschaftsbasis an den niedrigen Lohnabschlüssen. Diese gewerkschaftliche Praxis der vergangenen Jahre, die auch auf Kosten der KollegInnen im Ausland ging, also ein Bündnis für deutsche Arbeit bezweckte, soll jetzt angeblich der Vergangenheit angehören.

Aber glaubt nun wirklich niemand mehr an das Märchen, dass Lohnzurückhaltung Arbeitsplätze schaffe? Man wird sehen. Die neue Strategie der DGB-Führung ist zunächst mal ein Zugeständnis an die Basis, die zumindest in der IG-Metall lauter denn je mehr Geld fordert. Nur der Druck aus den Belegschaften hat die IG-Metall dazu gebracht, Lohnerhöhungen um 6,5 Prozent anzupeilen. Diese Forderung ist sogar als bescheiden zu bezeichnen, auch neun Prozent waren an der Basis schon im Gespräch.

Am Ende wird man sich dann mit drei Prozent begnügen. So verweigert die IG-Metall sich ihrer Funktion als Vorreiterin für die anderen Gewerkschaften. Der Abschluss der diesjährigen Tarifrunde könnte schließlich doch noch alle Bündnispartner zufrieden stellen: den Kanzler, der wieder mal um jeden einzelnen Job »persönlich« gekämpft hat, die Arbeitgeber, die sich über die maßvollen Abschlüsse freuen können, und die Gewerkschaften, die keine wirkliche Kursänderung durchgesetzt, aber ihr Gesicht gewahrt haben.

Derart konsensorientierte Bündnisse der Sozialpartner haben bereits seit der so genannten Konzertierten Aktion der sechziger Jahre Tradition und sind nur Ausdruck, nicht Ursache, des Wettbewerbskorporatismus der Gewerkschaften. Zur Politik der Standortkriege gehört zwangsläufig Lohnzurückhaltung, allen Erfahrungen und Studien zum Trotz. Ob mit oder ohne Bündnis: Eine solche Politik hat Reallohnverluste und Arbeitsplatzabbau zur Folge und trägt dazu bei, die Lebensbedingungen von Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern zu verschlechtern - im Konsens mit den Gewerkschaften. Und genau das ist der Sinn und Zweck der korporatistischen Einbindungspolitik.

An diesem Kurs gibt es schon lange Kritik aus Kreisen der Gewerkschaftslinken. Auch diesmal protestierte die Initiative »Raus aus dem Bündnis« vor dem Kanzleramt. Nur der Widerwille der auf Tarifkampf eingestellten einfachen Mitglieder führte zu dem, was Hundt eine »Blockadehaltung« der Gewerkschaften nennt und der erste Versuch seit Jahren werden könnte, Reallohnsteigerungen durchzusetzen. Doch dafür ist noch mehr Druck von der Basis vonnöten, um einen »beschäftigungsorientierten« und womöglich differenzierten Tarifabschluss zu verhindern - den Scheingefechten der Tarifparteien zum Trotz.