Andreas Settele, Generalsekretär der Bayernpartei, über Edmund Stoiber

»Wir verspüren den Aufwind«

Die Bayern kommen. Edmund Stoiber will Kanzler werden, die Republik versinkt in Weiß-Blau. Aber nicht alle Bayern unterstützen Stoiber. Ausgerechnet die Bayernpartei kämpft mit aller Kraft dagegen, dass ein Bayer Kanzler wird. Die kleine rechte Konkurrenz der CSU leistet Widerstand gegen das Landesoberhaupt und kämpft für die Unabhängigkeit Bayerns.

Wie steht die Bayernpartei zur Kanzlerkandidatur von Edmund Stoiber?

Das war sicherlich eine schwere Entscheidung für Stoiber. Ob er sich damit einen Gefallen tut, sei einmal dahingestellt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er im Osten und im Norden Deutschlands Chancen hat.

Unterstützen Sie diese Kandidatur?

Nein.

Warum nicht? Immerhin würde ein Bayer Kanzler.

Das hängt mit der Politik zusammen, die Stoiber in der Vergangenheit gemacht hat. Er hat als Landesoberhaupt Bayerns die Verantwortung für die bayerische Politik, und mit der sind wir nicht einverstanden.

In welchen Punkten?

Zum Beispiel beim Länderfinanzausgleich. Diese großen Versprechen, die er immer wieder gemacht hat, auch beim Thema Euro, wo er immer betont hat, er sei dagegen, und dann kurz vor der Entscheidung macht er doch wieder das Gegenteil.

Würden Sie eine Kampagne gegen Stoiber unterstützen, die sich etwa an die »Stoppt Strauß«-Kampagne von 1980 anlehnt?

Nein, das können wir uns nicht vorstellen. Für mich ist Herr Stoiber als Mensch die eine Seite, seine Tätigkeit als Politiker ist die andere. Er ist für mich angreifbar als Politiker, als Person ist er für mich integer und steht über den Dingen. Deshalb werde ich keine Kampagne gegen Stoiber als Person unterstützen.

Mit welchen Themen werden Sie in den Bundestagswahlkampf ziehen?

Unser zentrales Thema ist die Eigenstaatlichkeit Bayerns innerhalb eines Europa der Regionen. Unser wichtigstes Anliegen ist, dass wir der Bevölkerung auch auf unterster Ebene bessere Möglichkeiten schaffen wollen mitzubestimmen, sei es jetzt bei der Städteplanung oder der Gemeindeplanung.

Ein weiteres Thema ist der Länderfinanzausgleich, wo man Stoiber den Vorwurf machen muss, dass wir vom Bruttoinlandsprodukt her an zweiter Stelle liegen und nach dem Finanzausgleich an vorletzter Stelle. Hier hätte Stoiber anders handeln müssen. Die Hälfte der zu zahlenden Summe wäre unserer Meinung nach angemessen gewesen.Es kann nicht sein, dass ein Bundesland nach dem Finanzausgleich auf die vorletzte Stelle zurückfällt.

Könnten Sie sich vorstellen, auch ein Bündnis mit der Linken einzugehen, um gegen diese Politik von Stoiber etwas zu unternehmen?

Nein. Wir haben uns auch in der Parteileitung lange darüber unterhalten. Es gibt zwar einige Gebietsverbände, die Verbindungen mit anderen Organisationen eingehen, aber ich persönlich und auch der Landesverband befürworten das nicht. Momentan ist die Bayernpartei so in einem Aufwind, sei es von den Mitgliederzahlen oder vom allgemeinen Zulauf her, dass wir als Bayernpartei alleine unsere Sache durchkämpfen wollen.

Haben Sie wirklich momentan einen so starken Mitgliederzuwachs?

Ja. Wir haben, ohne jetzt genau die Zahlen anzuschauen, im vergangenen Jahr einen Zuwachs von 30 Prozent gehabt.

Mit welchem Abschneiden Ihrer Partei rechnen Sie bei den kommenden Wahlen?

Gut, die Bundestagswahl ist immer eine heikle Geschichte. Ich konzentriere mich mehr auf die Landtagswahl, und da gehe ich davon aus, dass die Bayernpartei dieses Mal die Fünfprozenthürde nehmen wird. Ob wir es bei der Bundestagswahl schon schaffen, weiß ich nicht, aber wir werden dran kratzen.

Nehmen wir mal an, die Bayernpartei würde nach der Bundestagswahl den Kanzler stellen. Was würden Sie als erstes verändern?

Die Frage ist sicherlich hypothetisch. Aber wir würden die Auslandseinsätze der Bundeswehr rückgängig machen. Unsere Bundeswehr ist eine reine Verteidigungsarmee, so steht es in der Verfassung, und das sollte sie unseres Erachtens auch bleiben.

Außerdem würden wir uns dafür einsetzen, dass der Mittelstand besser gefördert wird. Es ist in der Vergangenheit leider so gewesen, dass die Steuerreformen und die Versuche, die Wirtschaft anzukurbeln, tatsächlich nur der Großindustrie was gebracht haben und kleine und mittelständische Unternehmen blieben auf der Strecke. Das belegen ja auch die Konkurszahlen der vergangenen Jahre. Hier muss etwas geschehen. Und auch gegen die Arbeitslosigkeit muss man endlich angehen.

Aber wenn Ihr Ziel die Eigentstaatlichkeit Bayerns ist, wieso würden Sie, sollten Sie einmal den Kanzler stellen, nicht als erstes die Unabhängigkeit beschließen und dann erklären: Eine bayerische Armee schicken wir nirgends mehr hin?

Unser Hauptziel ist sicherlich die Eigenstaatlichkeit. Das ist aber ein Schritt, der sich nicht innerhalb von vier oder sechs Wochen bewerkstelligen lässt. Auch nicht mit einem bayerischen Bundeskanzler. Da muss man sicherlich mehr Vorarbeit leisten und langfristig darauf hin arbeiten.

Gegen die Auslandseinsätze der Bundeswehr wäre doch ein Bündnis mit der Linken möglich.

Das ist schon richtig, aber die Linken sind halt nicht von der Bayernpartei.

Aber gemeinsam wäre man doch stärker.

Das ist völlig richtig, aber wie gesagt, uns geht es hauptsächlich um die Bayernpartei. Und deswegen sind eben viele bei uns in der Bayernpartei. Wir verspüren momentan den Aufwind und sind der Meinung, dass wir es auch ohne Bündnis schaffen. Das heißt ja nicht, dass wir mit den anderen nicht reden. Aber eine gemeinsame Verbindung oder ein offizielles Zusammengehen wird es in der Richtung nicht geben.

Verstehen Sie sich als Teil der Friedensbewegung? Würden Sie an Friedensdemonstrationen teilnehmen?

Möglicherweise, das könnte ich mir vorstellen. Allerdings nur, wenn der Rahmen passt. Das hängt natürlich sehr stark auch von der Gruppierung ab, die so etwas veranstaltet.

Hier in Berlin gibt es ja eine große Partei, die gegen die Auslandseinsätze opponiert: die PDS. Könnten Sie sich vorstellen, gemeinsam mit der PDS gegen diese Einsätze zu kämpfen?

Nein, mit der PDS absolut nicht. Weil ich der PDS nicht einmal glaube, dass sie gegen diese Bundeswehreinsätze ist. Das ist für mich alles Populismus, was die machen.

Wo würden Sie sich politisch positionieren?

Wir werden normalerweise eher in die rechte Ecke gestellt. Wir sind einfach rechter als die CSU. Wobei wir uns ganz klar von Rechtsradikalismus und Gewalt distanzieren. Uns sind auch die Ausländer willkommen. Wir sind nicht ausländerfeindlich. Wir sagen allerdings auch, es muss jetzt eine Einwanderungsbeschränkung her.

Aha. Würden Sie in einem eigenstaatlichen Bayern die doppelte Staatsbürgerschaft rückgängig machen?

Schwierige Frage. Aber ich stehe auf dem Standpunkt, wenn jemand in Deutschland geboren ist und sich in Deutschland oder in Bayern heimisch fühlt, dann soll er auch die Möglichkeit haben, einen bayerischen Pass zu besitzen.

Ist Ihnen Schröder lieber als Stoiber?

Natürlich könnte ich zu Schröder genauso viel sagen wie zu Stoiber. Wir sind auch mit Schröders Politik nicht einverstanden. Aber die momentane Situation in Deutschland hat ja Schröder nicht alleine verursacht. Schröder hat Fehler gemacht, aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir 16 Jahre lang von den Schwarzen regiert wurden. Ich denke, letztlich wird eine kleine Partei, die FDP oder die PDS, bestimmen, wer Kanzler wird.

Und eines Tages vielleicht die Bayernpartei?

Ja.