Flüchtlingspolitik in Australien

Der Woomerang

Der australische Immigrationsminister Philipp Ruddock weiß, was mit Leuten zu geschehen hat, die versuchen, die australische Flüchtlingspolitik zu sabotieren: »Zehn Jahre Haft für jeden, der den Flüchtlingen Zuflucht und Unterstützung gewährt, die aus dem Internierungslager Woomera ausgebrochen sind, und bis zu fünf Jahren Haftstrafe für diejenigen, die den Flüchtlingen beim Ausbruch behilflich waren.« 50 Asylsuchenden war am Karfreitag die Flucht aus dem in der australischen Wüste gelegenen Lager gelungen. 30 von ihnen wurden nach wenigen Stunden erneut eingesperrt.

Möglich wurde der kollektive Ausbruch durch die Hilfe von TeilnehmerInnen eines internationalen Grenzcamps. Etwa 1 000 von ihnen schafften es, am Auftakttag des Camps während einer spontanen Demonstration den äußeren Ring der Sicherheitszäune zu durchbrechen. Bei den folgenden Kämpfen zwischen der Polizei und dem für das Lager zuständigen Sicherheitsdienst Australian Correctional Management (ACM) auf der einen und den Flüchtlingen und DemonstrantInnen auf der anderen Seite gab es zahlreiche Verletzte. Die Polizei ging mit Tränengas und berittenen Einsatzkräften gegen die Protestierenden vor.

In sechs australischen Lagern für Bootsflüchtlinge war es in der Vergangenheit wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen den Insassen und dem Sicherheitspersonal gekommen. Zuletzt gerieten die Zustände in Woomera Anfang Februar im Zusammenhang mit einem mehrwöchigen Hungerstreik der Insassen in die internationale Kritik.

Australien sperrt Flüchtlinge nach ihrer Ankunft sofort in Lager ein. Inzwischen sind die australischen Seegrenzen gegen Asylsuchende militärisch abgeschirmt, und ein Plan namens »pazifische Lösung« soll die Internierung ankommender Asylsuchender in pazifischen Kleinstaaten garantieren.

Die restriktive Flüchtlingspolitik zeitigt ihre Wirkung. »Seit fünf Monaten konnte kein Flüchtlingsschiff die australische Küste erreichen«, erklärte Ruddock auf Anfrage des Sydney Morning Herald in der vergangenen Woche. Auf den Inseln der pazifischen Kleinstaaten Nauru und auf den Weihnachtsinseln hält Australien derzeit 1 599 Bootsflüchtlinge gefangen. Auf dem Festland ist die Zahl der Inhaftierten seit dem 1. Juli vergangenen Jahres um 2 651 oder zwei Drittel gesunken. Den meisten Freigelassenen wurden dreijährige Visa bis zur endgültigen Klärung ihrer Asylverfahren gewährt.

Trotz der niedrigeren Belegung will die australische Regierung keines der sechs Gefangenenlager für Asylsuchende schließen. Ganz im Gegenteil: Sie schrieb in der vergangenen Woche einen Architekturwettbewerb für neue Flüchtlingslager aus. Die Kapazitäten sollen ausgeweitet werden, um die dann wesentlich kleineren Gruppen von Asylsuchenden einfacher kontrollieren zu können.

Gegen die 30 wieder inhaftierten Ausbrecher wurde mittlerweile ein Prozess eröffnet, ihnen drohen vier Jahre Haft. Bis zur Hauptverhandlung am 31. Mai wurden sie zunächst erneut in Woomera eingesperrt. Indessen fanden die ersten Hausdurchsuchungen bei antirassistischen Gruppen in Brunswick statt. Die Polizei suchte angeblich nach den zwölf übrigen Ausbrechern. Die Fahndung läuft auch in der Wüstenregion um Woomera auf Hochtouren. Auf allen größeren Straßen wurden Kontrollpunkte errichtet, und die Bevölkerung ist zur Denunziation der Flüchtigen aufgefordert.