Krise der rechtsextremen DVU

Keine rechte Zierde mehr

Zu den Wahlen in Sachsen-Anhalt tritt die DVU erst gar nicht an. Auch bundesweit verliert die rechtsextreme Partei an Bedeutung.

Die Deutsche Volksunion (DVU) rechnet noch einmal nach. Lohnt sich die Kandidatur zu den diesjährigen Bundestagswahlen, oder lohnt sie sich nicht? Über diese Frage will der Bundesvorstand in den nächsten Wochen entscheiden. »Die DVU ist davon überzeugt«, beteuert Pressesprecher Bernd Dröse, »dass mittel- und langfristig die 'Ursehnsüchte' des deutschen Volkes von etablierten Kräften nicht mehr erfüllt werden können.« Dass sich diese Erkenntnis bis zum Wahltag am 22. September unter den rechten Wählern herumsprechen wird, ist jedoch äußerst unwahrscheinlich.

Schon bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt am 21. April will es die DVU erst gar nicht versuchen. Ein Grund dafür dürfte in der Niederlage bei der Hamburger Bürgerschafts- und Bezirkswahl 2001 zu suchen sein. »Wählen sie das Original«, hatte die Hamburger DVU aufgerufen. Die rechte Wählerschaft wollte jedoch partout nicht hören und votierte für die Partei Rechtsstaatliche Offensive (Schill-Partei). Hatten 1997 noch über 4,9 Prozent das »Original« gewählt, erhielt die DVU bei den Hamburger Wahlen zuletzt nur 0,7 Prozent der Stimmen und verlor alle Sitze in den Bezirksparlamenten. »Rechts neben Schill war nun wirklich nichts drin«, sagte Dröse damals. Aber immerhin hätten »mehr als 20 Prozent der Wähler per Stimmzettel solchen Forderungen ihre Zustimmung erteilt, die seit Jahr und Tag von den Rechten erhoben werden«.

Spätestens nachdem die Schill-Partei, angeführt von Ulrich Marseille, ihre Kandidatur in Sachsen-Anhalt angekündigt hatte, dürfte Frey klar geworden sein, dass sich eine Kandidatur der DVU auch in dem ostdeutschen Bundesland nicht mehr rechnet. Bei der Landtagswahl 1998 hatte die DVU noch 12,9 Prozent der Stimmen erhalten und war mit 16 Abgeordneten erstmals in ein ostdeutsches Landesparlament eingezogen. Noch im Februar erklärten der sachsen-anhaltinische Fraktionsvorsitzende Dieter Kannegießer und die parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion, Veronika Brand, »der Landesverband entscheidet dies selber«, aber im März verkündete Dröse: »Die DVU kandidiert nicht.« Denn »es besteht die Gefahr, dass uns die Schill-Partei das Wasser abgräbt«.

Mit dieser Einschätzung dürfte der Rechtsextremist ausnahmsweise einmal Recht haben. Denn der sachsen-anhaltinische Ableger der Hamburger Schill-Partei wirbt im Wahlkampf ganz offen mit rechtsextremen Parolen. Das Lieblingsthema des Schill-Kandidaten Alan Morris, des Leiters der Polizeidirektion Wolmirstedt, ist die »innere Sicherheit«. Er behauptet in Wahlkampfreden zwar, dass seine Partei »konservativ« sei, aber keinesfalls rechts oder ausländerfeindlich. Doch als Polizeichef könne er die »innere Sicherheit« in Sachsen-Anhalt »derzeit nicht gewährleisten«. Verantwortlich dafür seien unter anderem »Einbrecher und Berufskriminelle«, »alles Polen und Litauer«. Auch die Wahlplakate der Schill-Partei sprechen eine deutliche Sprache: »Ohne Angst auf die Straße«, »Drogendealer sofort einsperren« oder »Gnadenlos gegen Scheinasylanten« ist dort zu lesen. Alle diese Parolen stammen aus dem Repertoire der DVU.

Derzeit liegt die Schill-Partei in Umfragen bei fünf Prozent. Ähnliche Werte wurden auch der DVU im Jahre 1998 prognostiziert, bevor sie triumphierend in den Landtag einzog. Doch die Fraktion erwies sich schnell als skandalträchtiger Haufen, und schon Mitte Februar 2000 zerbrach sie wegen persönlicher Querelen. Sechs Abgeordnete um Claudia Wiechmann und Helmut Wolf gründeten die Freiheitliche Deutsche Volkspartei und zwei weitere Abgeordnete verließen die DVU-Fraktion.

Mittlerweile ermittelt die Magdeburger Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Veruntreuung von Fraktionsgeldern gegen Kannegießer und Brand. Laut Oberstaatsanwalt Wolfram Klein soll Kannegießer einen ehemaligen Geschäftspartner, der ihm Geld schuldete, für ein Monatsgehalt von rund 7 000 Mark als DVU-Mitarbeiter angestellt haben. Als bekannt wurde, dass der Mann gleichzeitig eine Berufsunfähigkeitsrente bezog, stellte Kannegießer die Ehefrau seines Geschäftspartners ein und wandelte dessen Beschäftigung in einen 630-Mark-Job um. Und Kannegießers Kollegin Brand soll mit Fraktionsgeldern private Versandhausrechnungen beglichen haben. Die 43jährige Wirtschaftskauffrau, so Klein, wird außerdem verdächtigt, mit Fraktionsmitteln Software für den Privatgebrauch gekauft zu haben.

Schon 1999 ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen den DVU-Abgeordneten Torsten Miksch. Er hatte seinen Staffordshire-Terrier in einen tiefen Brunnen geworfen und sich damit ein Verfahren wegen Tierquälerei eingehandelt. Miksch musste die Fraktion verlassen, kurz darauf folgte ihm sein »Kamerad« Jörg Bücher, weil er früher für die Stasi tätig war.

Angesichts der personellen Probleme wundert es kaum, dass der DVU-Vorsitzende Frey kein Geld in den Landeswahlkampf stecken mag. So gibt sich denn auch Kannegießer als Vorsitzender der »Zierde des Parlaments«, wie Frey die Magdeburger Fraktion einmal genannt hatte, verständnisvoll: »Die DVU hat schon im Hamburger Wahlkampf viel Geld verloren.« Nämlich rund fünf Millionen Mark.

Nicht nur in Sachsen-Anhalt stehen alle Zeichen auf Scheitern. Den möglichen Verlust von Wählern an die Schill-Partei vor Augen, versuchen zwar auch die DVU-Abgeordneten in Brandenburg und Bremen einen guten Eindruck zu machen, doch so recht will das nicht gelingen. Wie überall, wo die DVU in Parlamenten vertreten ist, bestimmen auch in Bremen interne Streitigkeiten das Bild der Fraktion.

Selbst wenn die Partei Anregungen aus der SPD aufnimmt, wie der brandenburgische Fraktionsführer Sigmar-Peter Schuldt, kann sie momentan keine Punkte sammeln. Als Schuldt im Gefolge eines Vorschlages des Sozialministers Alwin Ziel (SPD), das künftige Bundesland Berlin-Brandenburg »Preußen« zu nennen, im Parlament einen entsprechenden Antrag stellte, erntete er nur Gejohle und Zwischenrufe.