So fern, so nah

Die Medien im Krieg von martin krauss

Wer gegenwärtig hinter Glas plötzlich grün sieht, glotzt vermutlich nicht aufs Aquarium, sondern wird aus dem Irak informiert.

Grün sind die Fernsehschirme eingefärbt, weil so der Einsatz von Nachtsichtgeräten suggeriert werden soll. Dabei sind diese Geräte überhaupt nicht immer im Einsatz. »Vermutlich wird das Bagadgrün nur gebraucht«, spekuliert die Süddeutsche, »um den Zappern unter den Fernsehzuschauern auf den ersten Blick klar zu machen, welches Unterhaltungsformat hier geboten wird.«

Eine langweilige Stadtsilhouette im Tageslicht würde vermutlich zum Wegzappen einladen. Aber das Grün enthält ja auch die Botschaft: Es ist Krieg, hier passiert was. Dauernd wird so getan, als werde man umfassend aus Bagdad informiert.

Grüne Mattscheiben und auch split screens kennt unsereins ja noch von vor zwölf Jahren, vom letzten Golfkrieg. Damals setzte sich CNN als der weltweit führende Informationssender durch. Mittlerweile schwächelt aber der CNN-Konzern des Ted Turner, und die Konkurrenz auf dem Fernsehmarkt hat zugenommen. In Bagdad und Basra wird um Marktanteile gestritten, die Konkurrenten heißen Fox, CNN, RTL usw. Mit al-Jazeera kommt einer der stärksten Wettbewerber sogar aus dem arabischen Raum.

Kriege und Sportereignisse wirken seit jeher als Katalysatoren für die Fernsehtechnik, und auch diesmal stellen Kameras auf Panzern, die ein wenig an die auf Formel-1-Wagen montierten Kameras erinnern, die große Innovation dar. Der Zuschauer, lautet die Botschaft, sieht so gut wie der Soldat.

Der Reporter hingegen liegt im Panzer. Die US Army hat die Journalisten, die ihr Angebot wahrgenommen haben, einer militärischen Einheit zugeordnet zu werden, »embedded correspondents« genannt, »eingebettete Berichterstatter«.

Im Bett mit der US-Army, das schürt Unmut. Die Journalisten leben, beschwert sich dpa, »genau wie die Soldaten, über die sie berichten«. Schreckliche Zustände also: »Hitze und Staub, auf dem Boden schlafen, Feldrationen essen und sich mit begrenzten Wasserrationen begnügen.«

Die Journalisten, die sich auf irakischer Seite aufhalten, haben’s nicht besser getroffen. Sie wurden aufgefordert, doch gleich im Informationsministerium zu übernachten.

Während die Reporter bei der US-Armee in 70-Mann-Zelten schlafen müssen, will die irakische Führung die westlichen Journalisten ins Hotel Rashid zwingen, die nobelste Unterkunft, die allerdings in der Nähe etlicher Regierungsgebäude liegt. Und wenn die Reporter in Bagdad unterwegs sind, dürfen sie nur in Begleitung irakischer Offizieller drehen und interviewen. Dem ZDF-Korrespondenten Ulrich Tilgner wurde während eines Liveberichts, den er telefonisch ins »heute-journal« durchgab, das Handy abgenommen.

Einerseits klagen alle Journalisten über schlechte Arbeitsbedingungen. Andererseits suggerieren alle Sender mit ihren Sondersendungen, »Expertengesprächen« und vor allem dem Einsatz ihrer modernen Sendetechnologie, dass die Berichterstattung umfassend und authentisch ist. Zusammen bilden sie das Unterhaltungsprogramm Irakkrieg, das am vergangenen Samstag auf der ARD gegen Gottschalks »Wetten, dass« ansendete.

Es ist dasselbe in grün.