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Zweifel sind etwas sehr Wichtiges. Nur wer zweifelt, kommt im Denken voran. Denken wir uns. Und zweifeln derweil. »Generationengerechtigkeit« haben wir als Thema gewählt. Junge Christdemokraten und Grüne rebellieren, damit nicht jeder Rentner ein teures Hüftgelenk bekommt.

Dann ist Charles Bronson gestorben. Am Montagmorgen erreicht die Redaktion die Nachricht vom Tod des 81jährigen Schauspielers. Hätte ihm ein Hüftgelenk geholfen? Wie würde unsere Leserschaft auf ein Charles-Bronson-Thema reagieren? Das sind Fragen, die wir uns verzweifelt stellen.

Es gibt ein Dorf in Spanien, so wird der Redaktion sofort von einem freundlichen Mitarbeiter mitgeteilt, in dem seit dreißig Jahren »Spiel mir das Lied vom Tod« gezeigt wird, und zwar jeden Sonntag.

Wer hat eigentlich mehr für die Emanzipation des Menschengeschlechts geleistet, ist die sich zwangsläufig aufdrängende Frage, wenn unsere Gedanken schon an die Planung der nächsten Woche gehen: Charles Bronson oder Theodor W. Adorno? Der eine füllte Kino-, der andere Hörsäle. Der eine saß einsam auf einem Baumstumpf, neben sich eine Knarre; der andere stand einsam am Pult, neben sich einen Füllfederhalter.

Die Frage ist nicht so einfach zu klären. Es bleiben Zweifel bestehen. Und die gönnt sich die Redaktion in jedem Fall.

Am Abend nach dieser Schlussproduktion wurden die Zweifel dann jedoch anständig ertränkt. Die Jungle World lud zum alljährlichen Sommerfest. Autorinnen, Freunde, Redakteurinnen, Verlagsmitarbeiter standen in den Räumen der Redaktion herum. Tranken Bier vom Fass. Aßen die auf dem Konferenztisch aufgestellten Leckereien. Tanzten zur Mucke, die vom freundlichen Feuilleton aufgelegt wurde. Oder unterhielten sich.

Zum Beispiel darüber, warum Bronson kein W. im Namen trug. Und ob ein W. die Weltkarriere eher befördert oder verhindert: Theodor W. Adorno? George W. Bush? Jürgen W. Möllemann? Charles W. Bronson?

Zweifel sind angebracht, ob Bronson das viel geholfen hätte. Und Zweifel sind es ja, die das Denken voran bringen.

Nächste Woche jedenfalls gibt es die Ausgabe zum 11.9. Das ist der zweite Jahrestag des Anschlags auf das World Trade Center, der 30. Jahrestag des Putsches in Chile und der 100. Geburtstag von Charles Bronson, nein, Späßchen gemacht: von Theodor W. Adorno.