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Kohle regiert

Emissionshandel. Nicht nur der SPD droht die Spaltung. Auch aus der Regierung könnte sich demnächst eine Minderheit verabschieden: Wolfgang Clement. Der Superminister der SPD hat nämlich in der vergangenen Woche den so genannten Klimakompromiss platzen lassen, obwohl die Zeit drängt. Bis Ende des Monats muss nach Brüssel gemeldet werden, wer künftig wie viel Dreck machen darf. Das schreibt der Zeitplan der EU vor.

Nun will Clement aber partout nicht, dass die deutsche Industrie überhaupt sauberer wird, und ansonsten hatte er auch noch einiges am »Kompromiss« zu beanstanden. Damit nicht genug: Sogar die bereits bestehenden Ökogesetze, die Ökosteuer, die Kraft-Wärme-Kopplung und das Stromeinspeisegesetz, gehören seiner Meinung nach geprüft, wenn auch erst in zwei oder drei Jahren. Schließlich könne die Industrie keine zusätzliche Belastung »im härtesten aller Wettbewerbe« vertragen.

Damit verärgerte er nicht nur den grünen Umweltminister Jürgen Trittin, der sich in seiner netten Art schon bei der Aushandlung des Kompromisses mal wieder hatte austricksen lassen. Statt 17 Millionen Tonnen, wie er es gern gehabt hätte, soll die Industrie im Jahr 2007 nur sechs Millionen Tonnen weniger Kohlendioxid in die Luft pusten. Axel Berg warf seinem Fraktionskollegen Clement in der Berliner Zeitung vor, »die Interessen der Kohlelobby« zu vertreten. Nicht auszuschließen ist, dass Clement dem Vorwurf offensiv begegnet, nach der Abspaltung von Rot-Grün mit seinen Kumpels eine neue Reschafft.

Fahnen für den Frieden

Friedensdemonstrationen. Von Massenveranstaltungen konnte man nicht gerade sprechen, aber das lag wohl am schlechten Wetter. Der Jahrestag des Beginns des Irakkrieges war vom Sturmtief »Oralie« geprägt. So gingen in Berlin nur knapp 2 000 Menschen für das Ende der Besatzung im Irak auf die Straße. Einige von ihnen skandierten: »Deutsche Waffen, deutsches Geld morden mit in aller Welt!«, andere wiederum schwenkten die palästinensische oder die irakische Nationalflagge mit dem von Saddam Hussein eingeführten Schriftzug: »Gott ist groß.« Unter den Demonstranten tummelten sich u.a. die DKP, die SDAJ, die MLKP Türkei/Nordkurdistan, Attac, Linksruck, Solid und das Aktionsbündnis für Venezuela.

In Hamburg gingen noch weniger Menschen gegen die Besatzung auf die Straße, halb so viele in Frankfurt am Main und München. Da die Mobilisierung im Angesicht des Feindes noch immer am besten klappt, fand die größte Demonstration vor der US-Luftwaffenbasis in Ramstein (Rheinland-Pfalz) statt. Dort zählte schon die Polizei 2 000 Menschen. Gegenstand der Kritik waren allerorten auch die Auslandseinsätze der Bundeswehr und die Militarisierung der Europäischen Union.

Köhler und die Staatskunde

Union. Was will Horst Köhler noch gleich werden? Bundespräsident? Dass er der perfekte Wirtschaftsminister wäre, ist ja kein Geheimnis. Zunächst sah es aber eher so aus, als bewerbe er sich um das Amt des Bundeskanzlers, denn er versprach, die Reformen in Deutschland vorantreiben zu wollen. Köhler ist nämlich nicht der Meinung, dass ein Bundespräsident nur andauernd Versöhnliches dahinbrabbeln, sondern auch »konzeptionelle Führung zeigen können« müsse.

Als er dann aber auf einer Veranstaltung der CDU in Berlin versprach, er wolle die Reformen auch fördern, wenn unter ihm als Bundespräsidenten eine Bundeskanzlerin Angela Merkel agiere, kam der Verdacht auf, er sei nicht richtig über das Amt informiert, das er da übernehmen soll. Ein Bundespräsident wählt nämlich gar nicht die Bundeskanzlerin, das macht der Bundestag, das lernen wir doch schon im Sozialkundeunterricht in der achten Klasse. Hat nicht mal jemand ein Grundgesetz parat, um Köhler die betreffenden Stellen vorzulesen? In der bayerischen Staatskanzlei müsste doch noch eines herumliegen, irgendwo unter einem Sofa.

Der Müll bleibt

Atommüll. Umstritten war er ohnehin, der Atomtransport über die Straße aus dem sächsischen Rossendorf ins Zwischenlager Ahaus in Nordrhein-Westfalen (Jungle World, 13/04). Jetzt aber müssen die Bombenanschläge in Madrid dafür herhalten, dass die 18 Castorbehälter zunächst nicht überführt werden. Bundesumweltminister Jürgen Trittin ließ in der vorigen Woche das dafür notwendige Genehmigungsverfahren stoppen.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) – an diesem Punkt völlig einig mit der Anti-Atombewegung – hält den Transport für »völlig überflüssig« und forderte, ihn auf die Schiene zu verlagern. So könne der polizeiliche Aufwand zu seiner Absicherung – an diesem Punkt offenbaren sich Differenzen zwischen Steinbrück und der Anti-Atombewegung – verringert werden. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus.

Baum im Stress

Waldschäden. Des einen Freud’ ist des anderen Leid, heißt es so schön. Zugegeben, es gab nicht viel Wasser im vergangenen Sommer, das war nicht zu übersehen. Aber ansonsten schien alles wunderbar: Sonnenschein, Hitze, Rimini und Lloret de Mar gleich vor der Haustür.

Doch der Schein trog. Der gute alte deutsche Wald musste leiden, und das ganze Ausmaß der Katastrophe ist noch gar nicht absehbar. Der heiße, trockene Sommer setzte die grünen Freunde mächtig unter Stress, so dass sich schädliche Insekten stärker als sonst vermehren konnten. »Explosionsartig« pflanzte sich der Borkenkäfer in vielen Bundesländern fort und auch unter den Schadschmetterlingen fanden »Massenvermehrungen« statt, stellte die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft fest. Und all die fiesen Krabbeltiere fallen nun über den ohnehin geschwächten Waldbestand her.