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Der Staub senkte sich auf die Schreibtische, die Mülleimer rochen vor sich hin und die Spinnweben übernahmen die Redaktionsräume. Bergmannstraße 68. Hier weilte einst die Jungle World. Tage der Agonie, Sommer der Einsamen …

Aber halt! Der Verfall der Redaktionsräume währte nur zwei Wochen. Wir sind zurückgekommen. Was Sie, werte Leserinnen und Leser, nun in Händen halten, ist die große Sonderausgabe der Jungle World. Erstellt in Israel, wohin uns in diesem Jahr, mit finanzieller Unterstützung der Bundeskulturstiftung, die Sommerreise führte. 44 Seiten aus Israel, mit Reportagen, Analysen und Meinungen verschiedener israelischer und ausländischer Autoren im bewährten Jungle-World-Format. Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre!

Auch wir Daheimgebliebenen. Nur eine Hand voll Mitarbeiter begab sich nicht mit auf die Reise. Denn die Postkästen wollten entleert werden, und irgendjemand musste ja auch die hiesigen Tageszeitungen »kontrollieren«, wie der Dichter Rainald Goetz es nennt.

Außerdem mussten Gäste in Empfang genommen werden, wie etwa Moishe Postone, der Historiker aus Chicago, der sich vom 7. bis zum 11. Juni auf einer Lesetour durch Deutschland befand. Der Verlag Ça ira und die Jungle World präsentierten die Vortragsreihe, bei der Postone sein Buch »Zeit, Arbeit und gesellschaftliche Herrschaft« vorstellte. Am 9. Juni diskutierte er mit Michael Heinrich von der Redaktion Prokla in Berlin.

Dabei zeigte sich Postone grundsätzlich sehr angetan von der Debatte zu seinem Buch in der Jungle World, die ab der nächsten Ausgabe auf der Disko-Seite 5 fortgesetzt wird. Ausgerechnet an dem Tag aber, da Postone in Berlin auftrat, hatte die Jungle World einen Verriss des Buches abgedruckt. Er fand dennoch lobende Worte. »Es ist gut, dass Sie ein Forum für die linke Diskussion bieten. Gerade in Deutschland ist das wichtig. Machen Sie weiter so«, grummelte er.

So sind die Linken. Sie suchen die Kritik und freuen sich, wenn sie serviert wird. Das ist Dialektik, wie wir sie lieben und betreiben. Und von nun an auch wieder in der Bergmannstraße.