Heile, heile Potsdam

Seit Jahren ist in Brandenburgs Hauptstadt um den Wiederaufbau der Garnisonkirche gestritten worden. Jetzt ist es so weit.

Mit der symbolischen Grundsteinlegung für den Wiederaufbau der Garnisonkirche am 14. April soll gleichzeitig die »Heilung des Potsdamer Zentrums« beginnen. Die Stadt erhalte ihre »städtebauliche Identität« zurück, schreibt die Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche. Andere betrachten den geplanten Neubau am ehemaligen preußischen Garnisonsstandort und Königssitz ausschließlich als Symbol für Militarismus.

Der »Soldatenkönig« Friedrich Wilhelm I. hatte die Kirche, die im Jahr 1732 eingeweiht wurde, bauen lassen: ein preußisches Prachtwerk, überragt von einem 88,4 Meter hohen Turm. Soldaten kamen hierher, um das letzte Gebet zu sprechen, bevor sie in den Krieg zogen. Im Rahmen der Eröffnung des neuen Parlaments am 21. März 1933, den die Nazis als »Tag von Potsdam« propagandistisch ausschlachteten, spielte die Garnisonkirche eine wichtige Rolle. Hier fanden das »alte« und das »neue« Deutschland, Hindenburg und Hitler, Preußen und der Nationalsozialismus symbolisch zusammen. Im Zweiten Weltkrieg beschädigt, wurde die Kirche im Jahr 1968 gesprengt.

Maßgebliche Befürworterin des Wiederaufbaus ist die Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel (TPG). Der Verein, der sich genau diesem Zweck verschrieb, sammelte seit 1990 6,7 Millionen Euro an Spenden. Deren Freigabe band sie jedoch an strikte Konditionen, die der Vereinspräsident Max Klaar im Jahr 2003 so zusammenfasste: »In der wieder aufgebauten Kirche soll kein Asyl geboten, keine feministische Theologie gelehrt, kein Segen für gleichgeschlechtliche Paare erteilt und keine Kriegsdienstverweigerer beraten werden.« Klaar ist nach Informationen der VVN/BdA auch Vorsitzender des Vereins Deutscher Soldaten, dem die Bundeswehr im vergangenen Jahr wegen rechtsextremistischer Ausfälle die Zusammenarbeit aufkündigte. Seither dürfen Angehörige der Bundeswehr auch nicht mehr in Uniform auf Veranstaltungen des Vereins auftreten.

Nachdem die evangelische Kirche Brandenburg am 24. März ein eigenes Nutzungskonzept vorgelegt hatte, das auf ein »Versöhnungszentrum«, eine »offene Stadtkirche«, abzielt, stellte die TPG sofort ihre Mitarbeit ein. Nun fehlt das Geld der TPG beim 70 Millionen Euro teuren Neubau, der wie die Dresdner Frauenkirche vor allem aus Spenden finanziert wird. Die Kosten für die Vorarbeiten der Grundsteinlegung sind indes gedeckt. Drei Potsdamer Baufirmen erklärten sich nach Angaben der Potsdamer Neuesten Nachrichten bereit, sie zu übernehmen.

»Das Glockengeläut der Garnisonkirche begleitete die Soldaten in den Ersten Weltkrieg«, schreibt die Antifaschistische Aktion Potsdam in einer Broschüre, die sie vor der anstehenden Demonstration gegen den Wiederaufbau herausgegeben hat. Sie kritisiert, dass mit der Garnisonkirche ein Symbol, das für die militaristische Tradition des preußischen Obrigkeitsstaates stehe, neu errichtet werden soll. Erwin Huber, der evangelische Landesbischof von Brandenburg, sagte im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der Welt: »Nur eine Stadt mit einer tief gegründeten Identität und einer wachen kritischen Öffentlichkeit vermag sich gegen Fremdbestimmungen und Wahnvorstellungen zur Wehr zu setzen.« Auf eben jene Identität wollen die Antifas lieber verzichten.

Auch Teilnehmer des diesjährigen Potsdamer Ostermarschs kritisierten den Wiederaufbau. Martina Rehberg, die Sprecherin der Friedenskoordination, sagte dem Tagesspiegel, das Geld solle die Stadt »lieber für den Bau einer neuen Potsdamer Synagoge zur Verfügung stellen«. Der Wiederaufbau sei ihrer Meinung nach das »absolut falsche Zeichen«.

Antifa-Demonstration »Gegen den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche« am 9. April. Treffpunkt: um 14 Uhr am Glockenspiel, Plantage (Dortusstraße/Am Kanal).