Just Married!

Happy Family IX

Die Damen und Herren stehen draußen im Garten, in der Hand ein Glas Prosecco, ein laues Lüftchen weht. Jauchzende Kinder tollen über den Rasen, ein Kammerorchester spielt Musik von Boccherini, die weißen Kleider rauschen unter dem satten Grün der Bäume, durch deren Blätter das Sonnenlicht flirrt.

Dann wird der Tanz eröffnet, vielleicht mit einem Walzer von Johann Strauß, vielleicht mit »An der schönen blauen Donau«. Geschickt bewegen sich die schwarz-weißen Paare über das eigens auf der Veranda verlegte Parkett. Am Nachmittag seid ihr noch mit einem Kahn über die Spree gefahren, nun steht eine rauschende Ballnacht im Sommergarten bevor, die Feier deines Lebens. Du hast geheiratet und bist überglücklich, denn es ist eine Liebeshochzeit. Du hast den anderen Teil von dir aufgespürt, der zuvor einsam und verlassen über diesen Planeten gewandert ist wie du.

Die Brautleute kommen zusammen und schwören sich ewige Treue, die Brauteltern beäugen sich interessiert, alte Freunde erzählen längst vergessene Geschichten, über Zechgelage, verlorene Wetten und verpasste Liebschaften, ­Geschichten aus der Jugend. Und gen Abend, da die Gäste sich auf den Nachhauseweg machen und die milde Luft, der Ozean der Nacht, sich über den Garten senkt, da greifen sich die Frischvermählten bei der Hand und ziehen sich wispernd zurück in ihr Gemach.

Schweigen mögen dann die Neider und Kleinmütigen, die ihre Einsamkeit in ihrer finsteren Hinterhauswohnung zum einzig wahren Lebensstil erklären. Schlecht gelaunte Menschen wie Schopenhauer, der meinte: »Heiraten heisst, seine Rechte halbieren und seine Pflichten verdoppeln.« Oder Lord Byron, der warnte: »Es ist viel leichter, für eine geliebte Frau zu sterben, als mit ihr zu leben.« Gemeinsam Hand in Hand durch die Welt zu gehen – welch ein Glück!

Und seien wir doch mal ehrlich: Was ist das für ein Leben, in dem man auf mehr Beerdigungen eingeladen war als auf Hoch­zeiten? Wollen wir nicht viel lieber aus dem Vollen schöpfen, uns die Champagnergläser reichen und die Liebe feiern? Und wenn es schief geht, wenn die Liebe schwindet, dann kann auch die Scheidungsparty ein Anlass für ein fröhliches Besäufnis unter Freundinnen und Freunden sein. Wohl denn!

stefan wirner