Der Anschlag auf das Auto der Band Egotronic

Rätselraten in Gütersloh

Die Ermittlungen der Polizei nach dem Brandanschlag auf das Auto der Band Egotronic in Gütersloh haben bisher zu keinen Ergebnissen geführt. Während die lokale linke Szene überrascht ist, wird auf einigen Blogs über mögliche Täter spekuliert.

Als die Mitglieder der Elektropunkband Egotronic nach ihrem Konzert am letzten Aprilsamstag in Gütersloh zu ihrem Auto zurückkehrten, um das Equipment zu verstauen, erlebten sie eine böse Überraschung: Der gemietete Ford Galaxy war vollständig ausgebrannt. Noch während des Auftritts hatte die Feuerwehr den Brand gelöscht, bei dem zwei weitere Fahrzeuge in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Die Polizei schätzt den Sachschaden auf rund 60 000 Euro.
Dass kein technischer Defekt vorlag, sondern Brandstiftung, wurde spätestens durch die kryptisch anmutende Parole »GT bleibt rot – Apple« deutlich, die auf den Parkplatz in unmittelbarer Nähe des Transporters gesprüht worden war. »GT« ist das Autokennzeichen von Gütersloh, »Apple« heißt das Hotel, in dem Egotronic untergebracht waren. Wegen des offenkundigen politischen Hintergrunds der Tat übernahm der Bielefelder Staatsschutz die Ermittlungen von der Gütersloher Polizei, hatte jedoch auch eine Woche nach dem Vorfall noch keine genaueren Erkenntnisse vorliegen, wie sein Sprecher Horst Köhler gegenüber der Jungle World erklärte.

In der linken Szene der ostwestfälischen Provinzstadt ist man von dem Brandanschlag überrascht und entsetzt. »Das kam völlig aus dem Nichts«, sagte Michael Kirchheimer*, ein langjähriger politischer Aktivist in Gütersloh und Mitglied der Gruppe »Sozialistische Kulturarbeit«, der Jungle World. Weder habe es im Vorfeld des Konzerts konkrete Drohungen wegen des Auftritts der als antideutsch geltenden Band gegeben, noch sei ein Anschlag als Kulminationspunkt politischer Streitigkeiten – etwa zwischen Antideutschen und Antiimperialisten – zu befürchten gewesen. »Wir sind eine Dorfantifa und haben hier eine große und sehr aktive Neonaziszene«, erläutert Kirchheimer, »da werden interne Konflikte nicht mit einer solchen Verve ausgetragen wie in manchen Großstädten, weil wir ganz andere Probleme haben.« Dass eine oder mehrere Personen aus einer linken Gruppe für die Tat verantwortlich sein könnten, wie es die Parole »Gütersloh bleibt rot« nahelegt oder vielleicht auch nahelegen soll, schloss er deshalb aus: »Das ist absurd. Ich kenne niemanden, der sich auch nur klammheimlich über das abgefackelte Auto gefreut hätte.«
In verschiedenen Blogs hingegen wurde der Verdacht geäußert, der vermeintlich linke Güters­loher Rapper Makss Damage oder jemand aus seiner Fangemeinde könnte bei der Brandstiftung seine Finger im Spiel gehabt haben. Makss Damage versteht sich selbst als kommunistischer Musiker und pflegt in seinen Songs einen rigiden Stalin-Kult. Zudem lässt er immer wieder antisemitischen Vernichtungsphantasien freien Lauf. »Ich leite Giftgas in Siedlungen, die jüdisch sind«, heißt es beispielsweise in seinem Lied »Arabisches Geld«. Und in einem neueren Stück fordert er: »Lass den Davidstern brennen!«

Sein Stück mit dem Titel »Tötet diese antideutschen Hurensöhne!« bildet auch den Hintergrund für Spekulationen, Makss Damage oder einer seiner Anhänger könnte selbst zum Feuerzeug gegriffen haben. Denn in dem Song wird Egotronic explizit angegriffen. Michael Kirchheimer möchte sich an diesen Mutmaßungen jedoch nicht beteiligen. Ihm ist es vielmehr wichtig zu betonen, dass Makss Damage »in der linken Szene der Stadt keinerlei politische Basis hat«. Selbst die DKP-Jugendorganisation SDAJ, die den Rapper im vergangenen Jahr auf ihrem »Sommercamp« in der Nähe von Gütersloh auftreten ließ, sei inzwischen auf Distanz gegangen.
Bei Egotronic nahm man den Brandanschlag auf das Fahrzeug unterdessen recht gelassen. »Es war ja ein Leihwagen, und den Schaden bezahlt die Versicherung«, sagte Sänger Torsun der Jungle World. Anfeindungen sei man außerdem bereits gewöhnt. Auch Drohungen wie »euch gehört mal eins auf die Fresse gehauen« habe die Band schon mehrmals bekommen. Dass jemand handgreiflich wird, sei gleichwohl neu. Dennoch behalte man das Konzert in Gütersloh in guter Erinnerung, stellte Torsun klar: »Die Stimmung war großartig, und die Leute haben uns gefeiert. Da lassen wir uns doch nicht von irgendwelchen Idioten die Laune versauen.«

* Name von der Redaktion geändert­