»Und dann bin ich online gegangen«

Die »Morgenzeitung der Linken«, I Avgi (Die Morgenröte), ist heute das Zentralorgan der linken Partei Syriza. Sie wurde aber bereits 1952 gegründet und war zeitweilig das Zentralorgan der Eurokommunisten KKE-Inland. Die Jungle World stattete der Redaktion vorige Woche einen Besuch ab. Am Montag streikten in Griechenland die Journalisten (siehe Dschungel-Seiten 14/15). Wir sprachen mit der Redakteurin Anastasia Giamali, die seit zwei Jahren bei I Avgi arbeitet.
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Warum streiken Sie?
In der Medienbranche gibt es über 50 Prozent Arbeitslosigkeit, Gehaltskürzungen und Tarifbrüche seitens der Arbeitgeber. Man versucht, Redakteure dazu zu drängen, individuelle Verträge abzuschließen, oder sie Freelancern gleichzustellen, obwohl sie Vollzeit arbeiten.
Und warum streikt man als Journalistin einer linken Zeitung? Sollten Sie nicht über die Arbeitskämpfe im Land berichten?
Wenn man für eine traditionsreiche linke Tageszeitung arbeitet, hat man an der Seite der Gewerkschaft zu stehen. Wenn wir uns nicht anschließen würden, hätte das Medien-Establishment einen Ansatz, seine Mitarbeiter ebenfalls zur Arbeit zu zwingen.
Und wie haben Sie selbst diesen freien Montag im sonnigen Athen verbracht?
Wir waren auf einer Demonstration und dann bin ich online gegangen, um Journalisten, die für Online-Medien und Webportale arbeiten, zu drängen, sich dem Streik anzuschließen. Internet-Medien sind komplett unreguliert und die Kollegen arbeiten hinsichtlich ihrer sozialen Absicherung unter mittelalterlichen Bedingungen.
Ist das Ihr erster Streik?
Es ist mein erster Medienstreik als Mitglied der Journalistengewerkschaft, aber ich habe in den vergangenen zwei Jahren an sechs oder sieben Generalstreiks teilgenommen.
Gut möglich, dass Syriza demnächst die Regierung stellt. Freuen Sie sich darauf oder haben Sie Angst davor, demnächst Parteizeitung nicht mehr der Opposition, sondern der Regierung zu sein?
Ich bin sicher, dass meine Berufsethik mich davor schützen wird, mein Urteilsvermögen zu verlieren, wenn ich für eine herrschende Partei arbeite. Außerdem stellen linke Medien in Griechenland nur eine kleine Minderheit dar, der Markt wird von Medien des Establishments dominiert. Auch wenn Syriza an die Macht kommen sollte, wird die Medienlandschaft ihr gegenüber insgesamt sehr feindselig eingestellt sein.