Gegen die da oben

Es wurde als »Überraschung nach den Redebeiträgen« angekündigt. Das Schauspiel, das sich Samstag in der Gürtelstraße in Berlin-Friedrichshain präsentierte, war aber weniger überraschend als vielmehr völlig erwartbar bei einer linken Demonstration »gegen Gentrifizierung und Polizeiwillkür«. Auf der als Bühne fungierenden Mauer zur Wagenburg »Rummelplatz« erschienen vier Gestalten, auf der Rückseite ihrer schwarzen Hoodies die Buchstaben ACAB, die Gesichter verborgen unter Schweinemasken. Nach einem Einspieler mit Nachrichten des vergangenen Jahres, die auf Twitter unter dem Hashtag #Kaltland gepostet worden waren, wandelte sich das Bild und die heldenhaften Gegenspieler tauchten auf. Vermummt, in sportlichem Antifa-Chic, inklusive einer Person mit obligatorischer Kufiyah. In Anlehnung an einen Polizeieinsatz im Hausprojekt »Rigaer 94« am 17. Januar wegen eines Müllsackwurfs treten die »Guten« gegen die »Bösen« an und bewerfen die »Bullenschweine« unter Jubel aus der versammelten Menge mit – Müllsäcken. Wer neben der Polizei noch Gegner im autonomen Befreiungskampf sein soll, wurde bei der Rede der Magdeburger »Mietrebellen« erklärt: die »Spekulanten« und »Kapitalisten«, die Luxussanierungen statt bezahlbarem Wohnraum wollen. »Kraftvoll« und zügig ging es anschließend sechs Kilometer durch den Kiez. Pyros, Luftballons und Feuerwerk sorgten für ausgelassene Stimmung. Polizei und Veranstaltern zufolge nahmen 4 000 Menschen teil – trotz vereinzelter Auseinandersetzungen und rund 35 Ingewahrsamnahmen gilt das als voller Erfolg. Dass am Rande der Demonstration offenbar einer Journalistin gewaltsam ein Aufnahmegerät entwendet wurde, passt ins Bild: Protest gegen den skandalösen Umgang der Polizei mit der linken Szene und den autonomen Hausprojekten wird vermischt mit dumpfer »Die da oben«-Rethorik und gekrönt von Übergriffen auf die Presse im Pegida-Stil.