Kritik an der Position der Expertenkommission zur Leihmutterschaft

Das Geschäft mit dem Körper

Eine Kommission der Bundesregierung hat es freigestellt, die Leihmutterschaft zu erlauben, solange sie nicht geschäftlich betrieben wird. Doch auch die sogenannte altruistische Variante der Leihmutterschaft verhindert ausbeuterische Praktiken keineswegs.
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Wenn Frauen aus purer Nächstenliebe für andere ein Kind austragen, dann sei von Rechts wegen nichts dagegen einzuwenden – so lautet die Empfehlung der Kommission für reproduktive Selbstbestimmung, die Mitte April vorgestellt wurde. Eingesetzt wurde die Kommission von der Bundesregierung; ein Jahr lang haben die Wissenschaftler:innen aus unterschiedlichen Disziplinen an ihrem Bericht gearbeitet.

Die Kommission empfahl ebenfalls, Schwangerschaftsabbrüche bis zur zwölften Woche zu legalisieren, was derzeit für breite Diskussionen sorgt. Dabei geht ein wenig unter, dass der Bericht auch die Eizellenspende und die sogenannte altruistische Leihmutterschaft thematisierte. Bisher ist beides in Deutschland grundsätzlich verboten. Nun gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber eine Legalisierung der Eizellenspende anstreben könne, sofern der notwendige Schutz der Spenderinnen und das Kindeswohl gewährleistet seien.

Die Aufwandsentschädigung kann vor allem für Frauen mit wenig Geld einen entscheidenden finanziellen Anreiz schaffen.

Die Position zur altruistischen Leihmutterschaft fällt da vorsichtiger aus. Zwar könne der Gesetzgeber an einem Verbot festhalten, aber auch eine Legalisierung sei unter bestimmten Umständen denkbar. Die Kommission bringt etwa die Anforderungen ins Spiel, dass Wunscheltern und Leihmutter durch ein nahes verwandtschaftliches oder freundschaftliches Verhältnis verbunden sind oder eine Vereinbarung vorliegt, die eine Beziehung zwischen Kind und Leihmutter auch nach der Geburt fortbestehen lässt.

Ökonomische Ausbeutung der Leihmütter soll verhindert werden

Die Kommission imaginiert die Beziehung zwischen Leihmutter und Wunscheltern folglich als ein familiär-freundschaftliches Verhältnis zwischen Gleichgestellten. Die Rede ist von »gegenseitigem Respekt«. Eine angemessene Aufwandsentschädigung sei dennoch zu empfehlen, allerdings müsse die Motivation der Leihmutter in erster Linie altruistischer Natur sein. Alle anderen Beteiligten wie Kliniken, Vermittlungsagenturen und Beratungsstellen sollen nicht gewinnorientiert arbeiten.

Mit diesen Voraussetzungen möchte die Kommission Wege aufzeigen, wie eine ökonomische Ausbeutung der Leihmütter verhindert werden soll. Das alles klingt ziemlich vage. Selbst familiäre oder freundschaftliche Beziehungen sind meist nicht frei von Abhängigkeiten. Schon emotionaler Druck könnte für die potentielle Leihmutter ein Faktor sein, ein derartiges Angebot nicht ausschlagen zu können.

Auch die Aufwandsentschädigung, »die nicht nur die tatsächlichen finanziellen Aufwendungen« und eventuelle »Erwerbseinbußen, sondern auch die körperlichen und psychischen Belastungen« kompensieren soll, kann vor allem für Frauen mit wenig Geld einen entscheidenden finanziellen Anreiz schaffen. Die Vorstellungen von Respekt und Familie trüben den Blick auf finan­zielle Unterschiede und Abhängigkeiten, letztlich ökonomische Ausbeutungsverhältnisse.

Ein Blick nach Griechenland zeigt, wie die altruistische Leihmutterschaft ein Einfallstor für ausbeuterische Verhältnisse bietet. Dort gilt die von der Kommission geforderte Voraussetzung, dass nur Freundinnen oder Verwandte das Kind für kinderlose Paare austragen dürfen.

Mehr als die Hälfte der registrierten Leihmütter mit ausländischer Staatsangehörigkeit

Eine Studie für die Nationale Bioethikkommission Griechenlands aus dem Jahr 2017, die Hunderte Beschlüsse eines Athener Gerichts zur Leihmutterschaft auswertete, zeigt, dass mehr als die Hälfte der registrierten Leihmütter eine ausländische Staatsangehörigkeit hatten, die meisten aus den nahegelegenen und deutlich ärmeren Balkanstaaten wie Albanien oder Rumänien. Der Großteil der Leihmütter gab an, in einer freundschaftlichen Beziehung zu der Wunschmutter zu stehen, doch tatsächlich übernehmen meist Kliniken die Vermittlung, die Leihmutter erbringt eine bezahlte Dienstleistung.

Hier deutet sich bereits an, in welcher Form »altruistische« Leihmutterschaft in Deutschland bei einer etwaigen Legalisierung tatsächlich praktiziert werden dürfte. Ein freundschaftliches Verhältnis lässt sich leicht konstruieren. Es ist anzunehmen, dass das liberal-feministische Argument, Frauen hätten das Recht, über ihren eigenen Körper selbstbestimmt einen Vertrag abzuschließen, in der Praxis genauso wenig gilt wie bei der real existierenden Prostitution.

»In dem Moment, wo der Körper einer Frau für ein Kind anderer benutzt wird, wird eine Grenze überschritten. Das gilt für die Leihmutterschaft ebenso wie für die Eizellabgabe«, sagt Sina Tonk von Terre de Femmes. Die Debatte über die richtige Ausgestaltung der Leihmutterschaft verdrängt diese grundsätzliche Frage, ob zur Realisierung eines Kinderwunsches auf die Körper(materialien) Dritter zurückgegriffen werden darf. Indem die Kommission fordert, dass die Leihmutterschaft als persönliche Beziehung gestaltet werden soll, spielt sie den Marktcharakter des Arrangements bewusst herunter. In der Praxis wird die Leihmutterschaft eine geschäftliche Transaktion sein.