Schröder im Nahen Osten

Mutprobe Israel

Ein Kandidat ist ein "in der Prüfung Stehender", ein Gerhard Schröder also, und der wird von der SPD in so manch "richtige Mutprobe" (Süddeutsche Zeitung) gejagt, die er aber, puh, "pannenfrei" (taz) übersteht. Der jüngste Prüfungsabschnitt war seine Reise nach Israel in der letzten Woche.

Noch daheim hatte Schröder erklärt, wie er sich, wenn alle Hürden übersprungen sind, die Israel-Politik einer sozialdemokratischen Bundesregierung vorstellt: Es müsse möglich sein, so wurde er am 10. März in der israelischen Zeitung Ha'aretz zitiert, daß Deutschland Israel kritisiere, ohne gleich als antisemitisch zu gelten, und "ohne mich in die inneren Angelegenheiten Israels einmischen zu wollen, stehen wir Benjamin Netanjahu wesentlich kritischer gegenüber als seinen Vorgängern".

Wie er einem Vorgänger Netanjahus und dessen Friedenspolitik gegenüberstand, Menachem Begin nämlich, verkündete Schröder schon, als er noch kein Kandidat war, 1978 nämlich. Das Abkommen von Camp David zwischen Israel und Ägypten, sagte er damals, sei ein "reaktionärer Frieden".

Als ihn in Jerusalem ein Israeli darauf ansprach, fiel ihm zum Glück diese Antwort ein: "Es scheint mir nicht ganz ausgeschlossen, daß ich so etwas gesagt habe." Die Süddeutsche kommentiert: "Die Lacher gehören ihm."

"Schröder weiß", weiß die taz, "daß jedes seiner Worte, jede Mimik aufmerksam verfolgt wird." In Israel war aber zu gleichen Zeit wie Schröder der Uno-Generalsekretär Kofi Annan unterwegs, der sich mit Vertretern der palästinensischen Autonomiebehörde traf. Das hatte zur Folge, daß sich für Annan alle Medien interessierten, für Schröder beinahe niemand. Dem Kandidaten schien das nicht so unrecht zu sein, denn er schwätzte ohnehin am liebsten über Grüne und Benzinpreis.

Zur israelischen Politik wollte der Kandidat nicht allzuviel sagen. Weil Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erst zwei Wochen zuvor ein Abendessen mit dem britischen Außenminister Robin Cook abgesagt hatte, deutete der Kandidat schon mal an, mit wieviel Kritik die Gastgeber rechnen müßten, wenn er bloß nicht so hungrig wäre: "Ich bin froh, hier gestern noch ein Abendessen bekommen zu haben. Das ist ja nicht jedem vergönnt, wie wir wissen." Die taz kommentiert: "Er hat die Lacher auf seiner Seite."

Zu Israel sagte der Kandidat eigentlich nichts. "Ich glaube", deutete er vorsichtig seine Meinung über den ermordeten Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin an, "Israel kann sehr stolz sein auf Rabin." Auf die Frage nach dem künftigen Status von Jerusalem fiel ihm ein: "Jerusalem hat für die Israelis eine ungeheure emotionelle Bedeutung. Ich tue mich deshalb schwer, was zu sagen. Eigentlich will ich es auch nicht." Nun kann man grübeln, welche Kritik kommt, wenn Schröder erst mal will. Seinen Gastgebern erklärte er, der mit einem ganzen Troß Managern in den Nahen Osten reiste, noch, daß es "einen Zusammenhang zwischen Friedensprozeß und ökonomischer Entwicklung" gibt, was zwar genauso unkonkret ist wie alles andere, was der Kandidat sagte, aber just dieser Satz, in diversen Variationen vorgetragen, wurde in Israel als Drohung empfunden.

Den Prüfungsabschnitt Israel hat Schröder pannenfrei überstanden. Wen oder was Kandidaten rauslassen, wenn sie ihr Zeugnis in der Hand halten, ist bekannt.