Deutsches Haus

300 Asylsuchende erleben derzeit, was es bedeutet, in Brandenburg gelandet zu sein: Die Unterkunft in Brand bei Berlin, wo sie im Moment noch untergebracht sind, soll in ein Zeppelinwerk umgewandelt werden. Alle befragten Gemeinden und Landkreise lehnten es bislang ab, die Flüchtlinge unterzubringen. In Märkisch-Buchholz in Brandenburg haben erneut Unbekannte eine Schulklasse aus Berlin bedroht und mit fremdenfeindlichen Sprüchen beschimpft, weil zu der Klasse eine Schülerin mit dunkler Hautfarbe gehörte. Die Jugendherberge gilt als Treffpunkt der Jugendlichen aus der Umgebung. Die Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung, Hausfriedensbruch und der Verwendung von Nazi-Symbolen. "Die Aufenthaltsgenehmigung läuft am 31. Juli aus", erinnerte vergangene Woche Anita Lausecker, die Sprecherin der sächsischen Landesregierung die 631 noch in dem Land lebenden bosnischen Kriegsflüchtlinge. Bis zum Herbst sollten sie "in ihre Heimat zurückkehren". Zwei Drittel der ursprünglich 1 900 bosnischen Flüchtlinge in Sachsen haben diesen Schritt schon getan. Auf "Tausende" schätzen die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie die Arbeitsgewerkschaft Pro Asyl die Zahl von Kindern im schulpflichtigen Alter, die jährlich aus Deutschland abgeschoben werden. In einem gemeinsamen Aufruf forderten beide Organisationen vergangene Woche einen generellen Abschiebestopp sowie eine Härtefallregelung für Kinder. Sie erinnerten daran, daß die Bundesregierung die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen nur mit einer Vorbehaltsklausel unterzeichnet habe, in der sie sich Abschiebungen von Kindern vorbehält. Eine 28jährige Asylbewerberin aus Ghana versuchte am 1. Juli zum zweiten Mal, ihre zweijährige Tochter auszusetzen. Aufgrund der drohenden Abschiebung ließ sie ihr Kind allein in der brandenburgischen Stadt Fürstenwalde zurück. Das Jugendamt entzog der Mutter das Sorgerecht. Wegen eines Angriffs auf den Ghanaer Martin A. urteilte das Amtsgericht Potsdam letzte Woche über fünf deutsche Jugendliche. Vier wurden freigesprochen, einer zu zwei Wochenenden Freizeitarrest und 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Im November 1997 hatten die 18 und 19 Jahre alten Männer Martin A. beschimpft, bespuckt und geschlagen. Er kam mit einem Schädel-Hirn-Trauma ins Krankenhaus. Es war bereits der zweite Übergriff auf den 28jährigen. Im September 1994 hatten ihn Skinheads aus einer fahrenden S-Bahn geworfen. Daraufhin mußte sein linker Unterschenkel amputiert werden. Im mecklenburgischen Boizenburg griff ein 23jähriger Deutscher einen Nigerianer an. Der mit einem Hakenkreuz tätowierte Mann wurde dabei von Umstehenden angefeuert. Die Polizei nahm ihn fest und leitete ein Verfahren wegen versuchter schwerer Körperverletzung ein. Mindestens 81 Flüchtlinge sind seit der Änderung des Asylrechts vor fünf Jahren auf dem Weg in die BRD oder an deren Grenzen umgekommen. Zu diesem Ergebnis kam die "Forschungsgemeinschaft Flucht und Migration" in einer vergangene Woche veröffentlichten Dokumentation. Im gleichen Zeitraum begingen wegen drohender Abschiebung 54 Menschen Selbstmord. Zum Teil schwer verletzt überlebten 95 Flüchtlinge den Versuch, sich das Leben zu nehmen. Vier Personen kamen bei ihrer Abschiebung ums Leben, 33 wurden bei Zwangsmaßnahmen verletzt. In ihrem Herkunftsland starben nach der Abschiebung vier Menschen, 86 wurden gefoltert und elf verschwanden. In Deutschland wurden in den letzten fünf Jahren 33 Personen bei Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte getötet, 250 wurden teilweise schwer verletzt.