Friedensverhandlungen in Deutschland

Mauss in Mainz

Still und leise ist der skandalerprobte Privat- und Staatsagent Werner Mauss aus Kolumbien heimgekehrt in sein Landhaus im Hunsrück. Eineinhalb Jahre hat die kolumbianische Justiz gegen ihn und seine Frau ermittelt - trotz zahlreicher Indizien nur mit mageren Ergebnissen. Hat er nun Millionenlösegelder für die Guerilla erpreßt oder nicht? Am Ende stand die Einstellung des Verfahrens: Die Generalstaatsanwaltschaft hatte Mauss freigesprochen.

Nun könnte er das Agententelefon ein für alle mal abschalten und sich ganz seinen Pferden widmen. Aber dann wäre er nicht Werner Mauss. Ihm geht es jetzt darum, an seiner Legende weiterzuspinnen und so sein klandestines Lebenswerk mit öffentlichem Heldenadel zu beschließen. Der erste Schritt ist getan: In Mainz trafen sich Ende Juni Guerilleros der ELN mit Vertretern der kolumbianischen Zivilgesellschaft, um über Frieden in dem Bürgerkriegsland zu sprechen. Eingeladen hatte die deutsche und die kolumbianische Bischofskonferenz. Und mittendrin: Werner und Ida Mauss.

Nach der juristischen Absolution nun die Heiligsprechung? Die Deutsche Bischofskonferenz hütet sich, Details zu verraten. In der kolumbianischen Presse wird unterdessen Bischof Karl Lehmann mit warmen Dankesworten für das "Ehepaar Mauss und seine Mitarbeiter" zitiert.

Dreißig Jahre lang war Mauss für Skandale gut, jetzt soll er auf einmal Friedensbringer sein? Im niedersächsischen Landtag beschäftigten sich in den achtziger Jahren gleich zwei Untersuchungsausschüsse mit seinen Verbindungen zu den Polizeibehörden. Ergebnis: Mauss habe weitgehend die Ermittlungsarbeit der Polizei bestimmt und dabei "zu unzulässigen Mitteln gegriffen bzw. auch Polizeibeamte zur Anwendung unzulässiger Mittel veranlaßt".

Als die Parlamentarier dies feststellten, hatte der Agent seine erste Kolumbien-Mission schon lange beendet: Mannesmann baute 1984 eine Pipeline durch das "Hoheitsgebiet" der Guerilla. Die Rebellen ließen erst nach millionenschweren Schutzgeldzahlungen von Attentaten ab. Fortan spezialisierten sich die Rebellen auf das lukrative Geschäft mit Entführungen. Wie Tonbandaufzeichnungen belegen, spielte Mauss auch dabei spätestens ab 1995 wieder eine Rolle. Kein Wunder, daß der Mann mit dem Lösegeldkoffer bei den Guerilleros einen guten Ruf hat. Im vergangenen Dezember, so verriet ELN-Kommandant Pablo Beltr‡n jetzt in Mainz, war Mauss zu Gast in einem Camp der Guerilla. Und das mit Wissen der kolumbianischen Regierung - während die Staatsanwaltschaft weiterhin Beweise für "politische Begünstigung der Guerilla" suchte.

Die Bundesregierung hingegen hält sich bedeckt. Von der Intention, Friedensgespräche in Deutschland zu führen, sei das Auswärtige Amt zwar informiert worden. Von Details will man aber nichts gewußt haben. Und falls Mauss tatsächlich hinter der Sache stecke, dann nicht im Auftrag der Bundesregierung. Das behauptete sie auch 1996, obwohl das Agentenpaar bei seiner Festnahme in Medell'n ein Schreiben der Deutschen Botschaft bei sich trug, das ihm bestätigte, in "offizieller Mission" unterwegs zu sein.

Am 12. Juli jedenfalls, so kündigte Ida Mauss im kolumbianischen Rundfunk an, werden sie und ihr Mann bei der nächsten Verhandlungsrunde in Mainz wieder dabei sein. Sie werden die Legende weiterstricken - und hoffen, daß keiner nach der Vergangenheit fragt.

Korrigiert am 7.6.2002