Kolumbiens neuer Präsident feuert die Armeespitze

Guerillas, Koks und CIA

Als Antwort auf die verheerenden Armeeniederlagen in der ersten Augustwoche hat der neue kolumbianische Präsident Andrés Pastrana unmittelbar nach seiner Amtsübernahme die Militärspitze völlig umgebildet. Kurz vor dem Rücktritt des scheidenden Präsidenten Ernesto Samper hatte die Guerilla im ganzen Land eine überraschende Offensive eröffnet und der Armee schwere Schläge zugefügt. Dabei griffen jeweils mehr als 500 Guerilleros der Farc wichtige Militärbasen in Miraflores (Guaviare), La Uribe (Meta) und Paviorond- (Choc-) an und nahmen an die 200 Soldaten gefangen. Im ganzen Land wurden von ELN und Farc mehr als ein Dutzend Städte besetzt, außerdem zerstörten Stadtkommandos den Sitz der IV.Brigade in Medell'n sowie die Polizeizentrale in Cœcuta.

In Regierungskreisen riefen vor allem die Aktionen in Miraflores und La Uribe Unruhe hervor. Zahlreiche Politiker zeigten sich besorgt, daß die Armee die Kontrolle über den Süden des Landes völlig verlieren könnte. Die von Pastrana neu berufenen Oberkommandierenden der Streitkräfte Fernando Tapias Stahelin und Rafael Hern‡ndez L-pez gelten denn auch beide als erfahrene Kontra-Guerilla-Spezialisten. Der 55jährige Tapias Stahelin war bis vor kurzem Kommandant der II. Mobilen Brigade, die Anfang der neunziger Jahre zur Zerschlagung der ELN-Führung gegründet worden war. Rafael Hern‡ndez koordinierte die Aktionen gegen die "Bloques Sur y Oriental" der Farc, die als stärkste Guerilla-Fronten im Land gelten. Heereskommandant wurde der in den USA ausgebildete Generalmajor Jorge Enrique Mora, Chef der Luftwaffe José Manuel Sandoval, Militärpilot und Elektroingenieur.

Von der bisherigen Armeespitze konnte nur der Kommandant der Polizei, General Rosso J. Serrano, seinen Posten verteidigen. Serrano, der einige wichtige Anführer des Cali-Kartells verhaften ließ, gilt als Vertrauter des US-Administration. So hieß es aus Bogot‡ und Washington auch ausdrücklich, die Nicht-Absetzung Serranos sei als Würdigung seiner Aktivitäten gegen den Drogenhandel zu verstehen.

Wie ehrenwert. Allein, nach Angaben der Washington Post stand der wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen unter Druck geratene kolumbianische Heeresinspekteur Ivan Ram'rez Quintero bis 1995 auf der Gehaltsliste der CIA. Ram'rez, bis vergangene Woche Nummer drei der kolumbianischen Armee, war wegen seiner Verbindungen zu den Paramilitärs erst im Mai das Einreisevisum für die USA entzogen worden.

Der Washington Post zufolge unterhält Ram'rez beste Beziehungen zu Carlos Casta-o, einem der größten Drogenhändler Kolumbiens, dessen paramilitärische Gruppen für mehr als 100 Massaker allein 1997 verantwortlich sind. Heeresinspekteur a.D. Ram'rez hatte 1983 in den USA eine Geheimdienstausbildung erhalten und war 1986 zum Chef der XX. Brigade ernannt worden, einer Geheimdiensteinheit, die im Mai nach dem Mord an dem renommierten Gewerkschaftsanwalt Eduardo Uma-a aufgelöst wurde.

Der CIA waren die Verbindungen Ram'rez' zu den Todesschwadronen nach Aussagen von US-Offizieren durchaus bekannt. Sie baute den Kontakt zu dem General jedoch aus, als 1991 der Kokain-Baron Pablo Escobar aus dem Gefängnis von Medell'n ausbrach. Ram'rez, der wie Carlos Casta-o gute Verbindungen zum Cali-Kartell unterhält, galt als natürlicher Verbündeter im Kampf gegen Escobar.