Gaddafi läßt warten

Kurz vor dem Treffen zwischen UN-Generalsekretär Kofi Annan und Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi am vergangenen Samstag war man in diplomatischen Kreisen in New York optimistisch: Libyen beabsichtige - fast zehn Jahre nach dem Bombenanschlag auf eine Pan-Am Maschine über der schottischen Ortschaft Lockerbie -, die beiden mutmaßlichen Attentäter auszuliefern. Und doch verliefen die Gespräche zwischen Annan und Gaddafi in der libyschen Wüste im Sande: Der libysche Revolutionsführer ließ sich auf keine definitiven Zusagen für eine mögliche Auslieferung seiner beiden Geheimdienstagenten Abdel Basset al-Meghrahi und Lamen Khalifa Fhimah ein. Nicht er, sondern der Allgemeine Libysche Volkskongreß und die revolutionären "Basis-Volkskomitees" seien für die Entscheidung zuständig.

Die Kritik an Libyen wird seitdem stärker: Der britischen Zeitung Guardian sagte der Außenminister Großbritanniens, Robin Cook, seine Geduld sei am Ende. Sollte sich die Führung in Tripolis nicht bis zum kommenden Montag, dem zehnten Jahrestag des Pan-Am-Absturzes, für eine Auslieferung der beiden Verdächtigen entschieden haben, würde er sich für eine Verschärfung der UN-Sanktionen einsetzen. Im vergangenen Juli hatten sich die USA, Großbritannien und Libyen auf einen Kompromiß geeinigt, den beiden Verdächtigen nach schottischem Recht den Prozeß vor einem niederländischen Gericht zu machen. Libyen lehnt bisher jedoch die Forderung ab, die Angeklagten - bei einem Schuldspruch - in Schottland oder in den USA zu inhaftieren.