Walser-Preis

Zum tosenden "Walser-Gargel-Margel" (Willi Winkler) hat jetzt auch der Tübinger Rhetorik-Professor Gert Ueding sein Scherflein beigetragen. Am Freitag verschickte er eine Pressemitteilung an die Feuilletons: Eben sei vom Tübinger Institut für Allgemeine Rhetorik (des einzigen seiner Art in der Republik) Walsers Paulskirchenrede die originelle Auszeichnung "Rede des Jahres" verliehen worden.

Die FAZ nahm's für wahr, meldete, wenn auch kurz, so doch brav, ohne Kommentar. Johannes Wilms war weniger zurückhaltend und bemerkte in der Süddeutschen Zeitung: "Daß ein Seminar für Allgemeine Rhetorik derlei" (die Walserschen "Rodomontaden") "mit dem Prädikat 'rhetorische Ethik' und 'schlüssige Argumentation' adelt, ist die 'Unverschämtheit des Jahres'."

Das Seminar selbst aber war nicht beteiligt. Auf bohrende Nachfrage des Tübinger Schwäbischen Tagblatts behauptete Ordinarius Ueding, der Jury hätten "alle hauptamtlichen Wissenschaftler des Instituts angehört" und die Wahl sei einstimmig erfolgt. Tagblatt-Redakteur Hans-Joachim Lang telefonierte mit "Jury"-Mitgliedern. Zwei wissenschaftliche Mitarbeiter konnten sich einen Tag nach der angeblichen Preisvergabe nicht mehr erinnern, wer außer Walser sonst noch als preiswürdiger Redner zur Auswahl stand.

Von den Gesprächspartnern Langs redet nur Prof. Joachim Knape Klartext: "Ich erkläre offiziell, daß ich damit nichts zu tun haben will." Von einer "Jury" weiß Knape nichts, kennt die preiswürdige rhetorische Meisterleistung nicht im Wortlaut, bestätigt aber, daß tatsächlich über Walsers Rede gesprochen wurde: "Am Donnerstag abend, auf der Weihnachtsfeier des Instituts, beiläufig bei einem Glas Wein".