Bleiberecht in Lübeck

Drei Jahre Zeit, unzählige Petitionen und ein Regierungswechsel waren notwendig, um zu entscheiden, was bereits am Tag danach hätte beschlossen werden müssen: Den Opfern des Brandanschlages auf die Lübecker Flüchtlingsunterkunft wurde ein Bleiberecht gewährt. Das bestätigte der schleswig-holsteinische Innenminister Ekkehard Wienholtz (SPD) zum Jahrestag des Anschlages am 18. Januar. "In deutlicher Abkehr von der hartnäckigen Haltung seines Vorgängers", habe Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) "ein weiteres wichtiges Zeichen für die humane Ausländerpolitik der neuen Bundesregierung" gesetzt, meinte der Sozialdemokrat. In der Tat hatte sich Manfred Kanther (CDU) immer geweigert, die ihm als Innenminister vorbehaltene Möglichkeit zu nutzen, "aus humanitären Gründen bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltsbefugnis" auszusprechen. Schließlich könnte ein Bleiberecht für die 34 von der Abschiebung bedrohten Flüchtlinge "Präzedenzwirkung" haben, erklärte Kanther im Herbst 1997. Sollte heißen: Asylsuchende könnten künftig ihre Notbehausung anzünden, um einen gesicherten Aufenthalt zu bekommen, wie der schleswig-holsteinische Landtagsabgeordnete Matthias Bötcher (Grüne) die Äußerungen des Unions-Hardliners kommentierte.

Doch auch Wienholtz sollte mit großen Worten eher sparsam umgehen. Bereits im Dezember 1997 kritisierten die Überlebenden des Anschlages in einem Offenen Brief, das "politische Spiel zwischen Landesregierung und Bundesinnenminister Kanther" diene nur "der weiteren Verzögerung einer Entscheidung". Für einen kommt die jetztige Entscheidung ohnehin zu spät: Victor Attey, der sich in der Brandnacht beim Sprung aus dem Fenster einen Beinbruch zugezogen hatte, wurde bereits vier Monate nach dem Anschlag abgeschoben. Auf eine Intervention aus Wienholtz' Behörde gegen die Entscheidung des Eutiner Ausländeramtes wartete der nigerianische Flüchtling vergeblich.