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Die SPD-Dienstleisterin Woche durfte die Überraschung alleine auspacken: den neuen Entwurf für ein Holocaust-Mahnmal von Peter Eisenman. Die Kritik anderer Medien, Michael Naumann habe dem "halbamtlichen Mitteilungsblatt" (Süddeutsche Zeitung) der Regierung die exklusive Präsentation zugeschanzt, wies Woche-Chef Manfred Bissinger überzeugend zurück: Die Kiste mit dem Modell sei rein zufällig während eines Interviews mit dem Bauherren und dem Architekten im Berliner Hotel Adlon vorbeigetragen worden.

Der US-amerikanische Architekt ist auf Naumanns Vorschlag eingegangen und hat ein Dokumentationszentrum in seinen Entwurf integriert. Dafür mußten fast die Hälfte der geplanten 2 700 Betonstelen weichen. Die Süddeutsche Zeitung spricht vom "Stelenrestfeld", die FAZ von einem Mahnmal mit "angeschlossener Serviceabteilung" oder wie der Architekturkritiker Dieter Bartetzko von einer "Mehrzweckhalle der Betroffenheit": Faul und fadenscheinig sei das Mischprojekt, weil ein zu einem Dorffriedhof gestutztes Mahnmal nicht nachhaltig beeindrucke.

Begrenzt wird das Feld durch ein Gebäude, das 12 000 Quadratmeter umfaßt. Das "Haus des Erinnerns" soll eine "Wand der Bücher" aufbewahren. Dahinter schließt sich ein viergeschossiges Ausstellungs- und Forschungsgebäude an, das stufenweise in das Mahnmal abfällt. Vier Tunnel führen unter das Feld und sollen laut Eisenman in der Symbolik an die "Bunkerlandschaft" der Nazis erinnern. Was genau in dem neuen Museum untergebracht wird, ist noch nicht entschieden. Mehrere Bewerber drängen sich schon. Das New Yorker Leo-Baeck-Institut ebenso wie Steven Spielbergs "Shoah Foundation". Und weil sich die Inhalte der Berliner Museen nicht überschneiden sollen, müssen auch die Wannsee-Villa, die "Topographie des Terrors" und das eben eingeweihte Jüdische Museum in die Planung mit einbezogen werden.

Eine endgültige Entscheidung wird der Bundestag treffen. Von der Union wird wieder Kritik an "Eisenman 3" geübt, und der FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt meint, daß man nur ein künstlerisch gestaltetes Mahnmal bauen sollte. Mit dem neuen Entwurf sind aber erstmals jüngere SPD-Mitglieder und Abgeordnete der Grünen zufrieden. Auch der Bundeskanzler favorisiert das Projekt. Er hat einmal gesagt, er wolle ein Mahnmal, zu dem man gerne hingehe. Es scheint in der Regierung also eine allgemeine Zustimmung zum "Eisenman-Naumann-Kompromiß" zu geben. Die Wogen sind geglättet, die Mauern geschleift, ein friedlicher Rahmen ist entstanden, und bald wird Vater sonntags zu seinen Kindern sagen: "Wir machen heut' einen Ausflug zum Holocaust-Mahnmal." Au, ja.